Frage an Martina Rade von Andreas S. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Gade,
vielen Dank fuer die antwort auf meine frage vom 21.08.2006. So ganz, muss ich gestehen, befriedigt mich Ihr Standpunkt aber nicht. Warum soll eine GEZ-Abgabe haushaltsbezogen sein? Waere es nicht viel sinnvoller diese Abgabe nutzungsbezogen zu erheben? In Zeiten des Internets ist die informelle Grundversorgung doch kein Problem mehr. Wenn jemand das oeffentlichrechtliche Angebot wahrnehemn will, kann er dafuer zahlen. Wenn ich es aber nicht nutze, warum soll ich dafuer zahlen? Wir sind uns doch wohl einig, dass das jetzige System ueberholt ist. Warum keine Grundverschluesselung, wie bei den Privaten angedacht? Waere in meinen Augen gerecht. Da diese Thematik fuer mich bei der anstehenden Wahl das "Totschlagargument" ist (verzeihen Sie das Wort, es trifft es aber), werde ich mir die Antworten "meiner" Kandidaten genau ansehen.
mit freundlichen gruessen
Schroeder
Sehr geehrter Herr Schroeder,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Für uns ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein unverzichtbarer Bestandteil der Demokratie. Eine Grundversorgung mit Informationen, mit Bildungs- und Kulturprogrammen und auch mit Unterhaltung muss frei und einfach für jeden empfangbar sein. Damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk so unabhängig wie möglich und Programme von hoher Qualität produzieren kann, muss er gebührenfinanziert sein. Eine Art öffentlich-rechtliches Pay-TV (Grundverschlüsselung) können wir uns nicht vorstellen, weil dann die Quote einen alles beherrschenden Einfluss bekommen würde. Minderheitenprogramme, teure Informationsprogramme (das Netz der Auslandskorrespondenten der ARD beispielsweise ist einzigartig), Kultursendungen etc. drohen dann, an einen Massengeschmack angepasst zu werden.
Als Wächter und Garant der Meinungsvielfalt ist uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk so wichtig, dass wir meinen: Jeder soll dafür eine Gebühr zahlen, unabhängig davon, ob er die Angebote nutzt. Denn nur auf die Weise erhält er eine gesicherte finanzielle Grundlage, die nicht ausschließlich von Einschaltquoten abhängig ist. Wir zahlen auch Steuern, mit denen Schulen und Kindergärten finanziert werden, auch wenn wir keine Kinder haben. Aber wir wollen nicht, dass ARD und ZDF aus Steuergeldern finanziert werden, denn uns liegt viel an der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Wir meinen außerdem, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihr Angebot im Internet ausbauen sollten. Denn wir sehen die Grundversorgung mit Informationen über das Internet nicht gesichert. Wenn Sie sich die Angebote der großen, seriösen Zeitungsverlage anschauen, werden Sie feststellen, dass viele Artikel nur noch gegen Zahlung abrufbar sind. Und Sie wissen sicherlich auch, wie viel Unsinn und wie viele falsche Informationen im Internet verbreitet werden. Deswegen scheint es uns sinnvoll, wenn öffentlich-rechtliche Qualität auch im Internet vorhanden ist, frei und kostenlos (wenn man von der Rundfunkgebühr absieht) und selbstverständlich ohne Kommerz und Werbung.
Aus diesen Gründen meinen wir, dass wir auch in Zukunft eine allgemeine Rundfunk- oder besser Mediengebühr brauchen. Diese darf nicht mehr an den Besitz von Geräten gekoppelt sein, denn da sind wir uns einig: Dieses System ist überholt.
Übrigens: Mit der Rundfunkgebühr werden auch die Landesmedienanstalten finanziert, die den privaten Rundfunk kontrollieren und lizenzieren. Diese Landesmedienanstalten betreiben auch Offene Kanäle, engagieren sich in der Medienforschung und -pädagogik und in der Entwicklung neuer Technologien (z.B. DVB-T).
Mit freundlichen Grüßen
Martina Rade