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Martina Krogmann
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Frage von Silke S. •

Frage an Martina Krogmann von Silke S. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Frau Krogmann,

die CDU scheint sich ja immer weiter zur Partei der Verbote zu entwickeln!
Mich interessiert, wie Sie persönlich stehen zu
a) Verbot von Killerspielen;
b) Verbot von Piercings und Tatoos.
Danke für Ihre Antwort!

Silke Schwerdt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Schwerdt,

mir ist niemand in der CDU bekannt, der pauschale Verbote der drei von Ihnen angesprochenen Bereiche ernsthaft fordert! Bitte gestatten Sie mir, einiges zurechtzurücken:

1. Es gibt Spiele, die in Deutschland aus guten Gründen nicht verkauft werden dürfen. Das sollte auch so bleiben. Wer sie trotzdem in Deutschland verkauft, macht sich strafbar. Auch das ist richtig. Spiele, die den Wertvorstellungen unserer Gesellschaft in erheblichem Maße widersprechen müssen m.E. verboten sein. § 131 StGB ist hier sicher eine angemessene Lösung.

In der öffentlichen Diskussion wird aber immer wieder hervorgehoben, dass § 131 StGB nicht alle als schädlich anerkannten Spiele erfasst. Die Forderung nach einem Verbot für die Herstellung und Verbreitung von "Killerspielen" wird damit begründet, dass ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung «die aktive Teilnahme» der Spieler an der Tötung von Menschen oder menschenähnlichen Wesen sei. Mit dieser Argumentation bewegen wir uns auf sehr gefährlichem Terrain, da der Grat zwischen Bevormundung und Zensur einerseits und Selbstverantwortung erwachsener Bürger andererseits sehr schmal ist.

Da viele Menschen in Deutschland keine praktischen Kenntnisse von Computerspielen haben, ist es verhältnismäßig leicht, alle unterschiedslos in eine Schmuddelecke zu stellen und bedenkenlos zu kriminalisieren. Sachverhalte, die im frei empfangbaren Fernsehen seit Jahren toleriert werden, sollen bei Computerspielen zu einer Kriminalisierung und einem Verkaufsverbot an alle - also nicht nur an Jugendliche - führen. Hinzu kommt, dass bei diesen Spielen die virtuelle Tötungshandlung nicht im Mittelpunkt des Spieles steht und von den Teilnehmer auch als nicht real wahrgenommen wird. Da hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, sind solche Vorstöße abzulehnen: § 131 StGB muss nicht verschärft werden!
2. Sehr intensiv sollten wir aber über die Frage nachdenken, ob derjenige, der solch ein Spiel bloß besitzt und spielt, sich strafbar machen sollte. Der Besitz von Kinder-Pornos ist strafbar. Dies ist deshalb richtig, weil hier die Kinder, die Opfer der Hersteller geworden sind, geschützt werden sollen. Bei verbotenen Spielen greift diese Analogie nicht. Durch die bloße Herstellung und den bloßen Besitz der Spiele sind noch keine Menschen geschädigt worden. Daher wäre eine Vorverlegung der Strafbarkeit auf den bloßen Besitz meiner Meinung nach zwar populär, sachlich aber unter rechtssystematischen Gesichtspunkten nicht zutreffend.
3. Die Diskussion über die Kausalzusammenhänge zwischen Amokläufern und Spielern von Computerspielen - verbotenen und erlaubten - ist umfangreich und kann hier nicht referiert werden. Klar ist jedoch, dass die Spiele sicher nicht die einzige Ursache für die Amokläufe sind - gleichzeitig muss man berücksichtigen, dass es Amokläufe gab und gibt von Leuten, die niemals am Computer gespielt haben. Da es wesentlich weniger Amokläufer als Nutzer in Deutschland verbotener Spiele gibt (glücklicherweise!!) ist die Strafbarkeit des bloßen Besitzes auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität mehr als problematisch.
4. In einem Forum las ich neulich zu diesem Thema: "Was wir brauchen, ist eine ruhige und sachliche Analyse eines sehr schwierigen multikausalen Problems - und keine Hexenjagd!". Dem ist zuzustimmen - auch wenn das der kompliziertere Weg ist.
5. Daher kann man "das" Thema nicht nur mit gesetzlichen Verschärfungen angehen - die Gründe für jeden dieser Amokläufe hängen natürlicherweise sehr vom Einzelfall ab. Eine Patentlösung wird es hier nicht geben und auch nicht geben können.
6. Daraus dürfen wir aber nicht den Schluss ziehen, die Hände einfach in den Schoß zu legen - wir müssen u.a. ganz offensichtlich das psychosoziale Betreuungsangebot für Jugendliche mit entsprechenden Problemen verbessern.

Bestrebungen der Union, Piercings und Tattoos zu verbieten gibt es nicht. Ich möchte aber auf zwei Punkte, die in dem Zusammenhang wichtig sind, hinweisen:

Im Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde geregelt, dass Versicherte, die sich in der Folge einer Schönheitsoperation eine Krankheit zugezogen haben, bei den dadurch entstehenden Behandlungskosten in angemessener Höhe von der Krankenkasse zu beteiligen sind und dass ein Krankengeld für die Dauer der Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern ist. Damit wird die Solidargemeinschaft von den Folgen solcher Schönheitsoperationen ohne medizinische Indikation weitgehend entlastet.

Gegenwärtig wird im Gesundheitsausschuß über einen Antrag beraten, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, berufsrechtliche und sonstige rechtliche Regelungen für Verbote von nicht medizinisch indizierten Schönheitsoperationen an Minderjährigen zu prüfen. Dies hat folgenden Hintergrund: Wegen der starken Zunahme bei den Schönheitsoperationen wandte sich im Jahr 2002 die Europäische Union (EU) an ihre Mitgliedstaaten. In einer Entschließung des Europäischen Parlaments (EP) zu der Mitteilung der Kommission über Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Zu- sammenhang mit Brustimplantaten (KOM(2001) 666 - C5-0327/2002 - 2002/2171(COS)) vom 12. Januar 2002 empfiehlt das EP Implantationen bei Frauen unter 18 Jahren nur aus medizinischen Gründen zu erlauben. Als Begründung wird angeführt, dass Kindern und Jugendlichen die notwendige geistige Reife fehle, um die Tragweite der mit dem Eingriff verbundenen gesundheitlichen Gefahren einzuschätzen.

Die Zahl der schönheitschirurgischen Eingriffe an Jugendlichen unter 18 Jahren nimmt zu. Einzige Voraussetzung dafür ist zurzeit nur das Vorliegen einer Einwilligungserklärung der gesetzlichen Vertreter. Eine vorherige medizinische Begutachtung muss nicht erfolgen. Selbst bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht sichergestellt, dass sich der Jugendliche der Reichweite seines Entschlusses bewusst ist. Es besteht die Gefahr, dass der jugendliche Charakter die Folgen nur schwer oder überhaupt nicht verarbeitet. Somit stehen fehlende Einsichtsfähigkeit und die möglichen körperlichen Folgen nicht im Verhältnis zum Nutzen. Der Jugendliche befindet sich noch im Wachstum. Ebenfalls verändern sich in der Reflexionsphase das Weltbild und die eigenen Werte in einem fließenden Prozess. Das eigene Aussehen kann später nur noch nachrangige Bedeutung besitzen. Vielmehr ist gerade das Aussehen eines Menschen sein natürliches Gut, über das er bei bestehender geistiger Reife selbst entscheiden muss. Schönheitsoperationen an Kindern und Jugendlichen sollten also deshalb nur dann vorgenommen werden, wenn ein erheblicher Leidensdruck vorliegt oder ein Krankheitswert der Deformierung eingeschätzt werden kann. Diese Grundsätze werden auf Piercings und Tattoos sicher nicht uneingeschränkt übertragen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen vermitteln, dass aus meiner Sicht diese Problematiken sehr differenziert betrachtet werden müssen. Meine Meinung wird mehrheitlich von meinen Kolleginnen und Kollegen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geteilt.

Mit freundlichen Grüßen
Martina Krogmann