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Martina Krogmann
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Frage von Nina P. •

Frage an Martina Krogmann von Nina P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Krogmann,

wir behandeln in unserem Politikkurs (12. Jahrgang) gerade das Thema "Politik und Medien". Gerade haben wir uns mit den drei Thesen zum Verhältnis von Medien und Politik beschäftigt ( Das Gewaltenteilungsparadigma, das Instrumentalisierungsparadigma und das Interpendenz- und Symbioseparadigma). Welches dieser Paradigmen entspricht Ihrer Meinung nach am ehesten der Realität?

Wir sind der Meinung, dass die These des Gewaltenteilungsparadigmas als ein Idealmodell, welches nicht auf die Wirklichkeit anwendbar ist, zu verstehen ist. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Mit freundlichen Grüßen,
Nina Petrat

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Petrat,

erstmal Danke für die spannenden Fragen! Hier meine Sicht der Dinge:

Ich glaube, dass keines der drei Paradigmen der Realität hundertprozentig entspricht. Im Gegensatz zur Mehrheit in Ihrem Kurs bin ich jedoch der Meinung, dass das Gewaltenteilungsparadigma sehr wohl auf die Wirklichkeit anwendbar ist - allerdings nicht immer und nicht für jedes Medium,. Aber ich glaube, es kommt der Realität sehr nahe.

Nach dem Gewaltenteilungsparadigma kontrollieren die Medien als „vierte Gewalt“ die Arbeit von Legislative, Exekutive und Judikative. Aus meiner Sicht ist es absolut notwendig, dass die Medien diese Kontrollfunktion in einer Demokratie wahrnehmen und das tun sie auch. Nur wenn sie dies tun, funktionieren demokratische Systeme. Wichtige Beispiele für die Kontrolle und für das Aufdecken von Machtmissbrauch der Politik war z.B. die Watergate-Affäre oder auch die Aufdeckung des Parteifinanzskandals. Ohne die Medien wäre das wohl nie ans Licht gekommen. Die Medien sind in Deutschland die "vierte Gewalt" - allerdings natürlich nicht alle. Unbedingte Voraussetzung dafür wäre die totale wirtschaftliche Unabhängigkeit, die selbst in Demokratien nicht immer gegeben ist. In Deutschland gibt es einige parteinahe Zeitungen, TV-Sender oder Radiosender. Die SPD ist sogar an einigen Zeitungen selbst finanziell beteiligt. Die "reine Lehre" des Gewaltenteilungsparadigmas ist also nicht immer hundertprozentig bei jedem Medium gegeben - aber es ist aus meiner Sicht nahe an der Realität.

Auch einige Aspekte des Interdependenzparadigmas bilden die Realität ab - aber bei genauerem Betrachten auch nicht in Gänze.In der Demokratie braucht Politik die Publizität und damit die Medienöffentlichkeit. Die Medien ihrerseits sind auf den Zugang zu Informationen seitens der Politik angewiesen. Ein Wissenschaftler hat deshalb einmal von einer "Tauschbeziehung" gesprochen: Information gegen Publizität und umgekehrt. In dieser Beziehung zwischen Politikern und Journalisten bestehen natürlich sehr komplexe wechselseitige Abhängigkeiten . Beide brauchen einander für die Verwirklichung ihrer Aufgaben im Gesamtsystem. Es gibt aber auch klare Trennlinien. Beide müssen gleichzeitig auch aufpassen, sich von dem jeweils anderen nicht instrumentalisieren zu lassen. Wenn dieses Interdependenzverhältnis funktioniert, profitiert davon unsere Demokratie. Kontrolle der Politik ist ebenso gewährleistet wie die Information der Bürger, ohne dass Politik zum Spielball einiger Meinungsmacher wird oder Journalisten sich für die Durchsetzung von Interessen einzelner Politiker oder Parteien benutzen lassen (siehe also: Gewaltenteilungsparadigma).

Das „Instrumentalisierungsparadigma“ habe ich ja schon kurz angesprochen. Die Politik könne durch ihren Informationsvorsprung die Berichterstattung der Medien nahezu beliebig steuern. Als Beispiel sei Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder genannt: „Zum Regieren brauche ich nur BILD, BamS und Glotze!“ So einfach ist es natürlich nicht. Journalisten sind sehr wohl in der Lage, Manipulationsversuche seitens der Politik zu erkennen. Verschiedentlich wird auch das genaue Gegenteil behauptet: Die Medien hätten die Macht, die Politik zu steuern. Auch hierfür ein Beispiel: Es heißt, dass der Einsatz der internationalen Friedenstruppe in Somalia 1993 insbesondere dadurch zustande kam, dass der US-amerikanische Nachrichtensender CNN stark über den dortigen Bürgerkrieg berichtete. Seither spricht man vom „CNN-Effekt“, wenn Medien die politische Agenda bestimmen. Hintergrund dieses Paradigmas ist, dass Demokratien von Wählern abhängig sind und Wähler wiederum stark von den Medien beeinflussbar sind. Diese These unterschätzt aus meiner Sicht nicht nur den mündigen Staatsbürger, sondern auch die Politik. Die Gefahr der Instrumentalisierung ist also auf beiden Seiten sicher da. Ich halte dies als Paradigma jedoch für am wenigsten zutreffend.

Wie so oft liegt also die Antwort nach dem Verhältnis zwischen Medien und Politik zwischen den Paradigmen und variiert von Fall zu Fall. Es wäre sicherlich spannend, an mehreren konkreten Fällen die jeweilige Dominanz des einen oder anderen Paradigmas konkret und im Detail zu untersuchen! Ebenso wäre es spannend, die Veränderungen durch die Neuen Medien (Blogs, Chats, eigene Homepages der Politiker, etc.) unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht haben Sie das in Ihrem Politikkurs ja bereits getan. Die Ergebnisse würden mich sehr interessieren. Wenn ja, würde ich mich freuen, wenn Sie mir die Ergebnisse mailen an martina.krogmann@bundestag.de !

Mit freundlichen Grüßen

Martina Krogmann