Was ist die Remonstrationspflicht überhaupt noch wert ?
Die Remonstrationspflicht ist geregelt in § 36 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz. Sie ist Ausdruck des Prinzips, dass jeder Beamte zu jeder Zeit Garant seiner Legalität ist. Sie erfüllt zwei wichtige Funktionen: (1) Erweisen sich die Bedenken des Beamten gegen die Rechtmäßigkeit einer Anordnung als berechtigt, kann der Dienstherr/Dienstvorgesetzte hinterher nicht sagen, er hätte es nicht gewusst. (2) Der Beamte wird, wenn man ihn trotz seiner Bedenken zur Ausführung der Anordnung zwingt, weitestgehend von seiner persönlichen Verantwortlichkeit befreit.
Die Remonstrationspflicht hat gerade unter dem Aspekt (1) auch heute nichts von ihrer gewichtigen Bedeutung verloren. Denn wenn die Bedenken, die ein Beamter vorträgt, beim Vorgesetzten auf taube Ohren stoßen (etwa weil eine bestimmte politische Agenda ohne Wenn und Aber durchgedrückt werden soll), ist es wichtig, wenn die Bedenken und auch die Erwiderung des jeweiligen Dienstvorgesetzten aktenkundig sind. Wenn sich am Ende dann doch die Einsicht durchsetzt, dass die Anordnung rechtswidrig war, sind dem Dienstvorgesetzten jegliche Ausreden genommen.
Eine Einschränkung des Remonstrationsrechts hat es allerdings schon immer gegeben, und sie ist auch heute noch gültig: Gegen Rechtsvorschriften, etwa gegen die Rechtsverordnung einer Landesregierung, gibt es keine Remonstration. Das liegt daran, dass der Exekutive keine Normverwerfungskompetenz zukommt: Der Vorgesetzte ist ja seinerseits an die Rechtsverordnung gebunden und kann nicht einfach aus eigener Machtvollkommenheit behaupten, sie verstoße gegen höherrangiges Recht (etwa gegen ein Parlamentsgesetz oder gar gegen das Grundgesetz oder gegen die Verfassung des jeweiligen Bundeslandes). Eine solche Bewertung liegt vielmehr ausschließlich in der Kompetenz der Gerichte. In vielen Bundesländern haben die Behörden die Möglichkeit, Rechtsverordnungen, die sie für unvereinbar mit höherrangigem Recht halten, nach § 47 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) in einem sog. Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht anzugreifen. Wenn ein solcher Antrag Erfolg hat, kassiert das Oberverwaltungsgericht die entsprechende Vorschrift komplett ein; sie nmuss fortan von gar niemandem mehr befolgt werden.