Frage an Martin Rotzinger von Bernd M. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Rotzinger,
wie Ihnen bestimmt nicht entgangen ist plant Wikileaks die Veröffentlichung einer Steuersünder CD. Jedoch soll es sich dabei nur um Politiker handeln.
Ist Ihnen bekannt ob es sich dabei auch um deutsche Politiker handelt?
Bewerten Sie den Ankauf von Steuersünder CDs genauso wie die von Wikileaks?
Mit freundlichen Grüßen,
Bernd M.
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für ihre knifflige Frage, weswegen ich mir mit der Beantwortung etwas Zeit gelassen habe.
Vielleicht sind Ihnen mehr Quellen bekannt, aber ich habe keine Informationen darüber, daß sich die Veröffentlichung nur auf Politiker beschränken solle. Da die Daten noch nicht veröffentlicht sind, kann ich auch nicht beurteilen, ob davon auch deutsche Politiker betroffen sind.
Ein Ankauf von „Steuersünder CDs“ schafft monetäre Anreize, sich illegale Daten zu beschaffen. Zum einen werden solche Daten dann nicht mehr nur „große Fische“ enthalten, noch kann die Richtigkeit der Daten garantiert werden.
Whistleblower erhalten meines Wissens nach keine Bezahlung von Wikileaks für ihre Informationen. Somit bietet Wikileaks keinen monetären Anreiz für die illegale Beschaffung von (Steuer)daten.
Die Wikileaks zugespielten Dokumente stammen von Insidern, die Fehlentwicklungen aufdecken wollen - wie z.B. die Kriegsverbrechen im Irakkrieg.
Das Verschweigen und Vertuschen solcher Vorgänge sind einer Demokratie unwürdig und entsprechend ist die Existenz einer Whistleblower-Plattform wie Wikileaks nötig.
Die PIRATEN setzen sich für Whistleblowerschutz, sowie Staatsinterne Transparenz ein.
Abgesehen von der Verwertbarkeit solcher Daten in Strafprozessen - die PIRATEN setzen sich für ein Beweisverwertungsvervot illegal erlangter Daten in Strafprozessen ein - wäre ein Politiker, der nachweislich Steuern hinterzieht, nicht tragbar. (vgl. Guttenbergs erschlichener Doktortitel)
Persönlichkeitsrechte müssen bei einer Veröffentlichung solcher Daten beachtet werden. Sofern das Gemeininteresse überwiegt, so sollte man im Sinne des Gemeininteresses abwägen.
Die Veröffentlichung einer BankdatenCD ist nunmal nicht direkt mit dem Aufdecken von Kriegsverbrechen zu vergleichen, weswegen ich diese Sache etwas kritischer sehe, da Persönlichkeitsrechte stärker betroffen sind.
Gegenüber einem ständigen Ankaufen solcher Daten zum Zweck der Strafverfolgung kann eine einmalige Veröffentlichung sinnvoller sein, denn es handelt sich ja nicht um Einzelfälle, sondern um ein System, welches man nachvollziehen und stopfen kann. Der öffentliche Druck auf die von Steuerhinterziehung profitierenden Länder ist durch eine solche Veröffentlichung deutlich größer.
Ob es langfristig zur Steuerehrlichkeit beiträgt, kann ich nicht sagen. Man sollte auch eine grundlegende Anpassung des Steuerrechts in Betracht ziehen.
Die Veröffentlichung einer BankdatenCD ist nunmal nicht direkt mit dem Aufdecken von Kriegsverbrechen zu vergleichen, weswegen ich diese Sache kritisch sehe. Ich kann keine eindeutig positive Haltung zum Veröffentlichen dieser Bankdaten einnehmen, so sehr ich die Existenz Wikileak´s schätze. Ich kann dies aber innerhalb des Neutralitätsverständnisses der Plattform, alle zugespielten Daten, zu veröffentlichen, als Kollateralschaden akzeptieren.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rotzinger