Frage an Martin Rabanus von Stefan R. bezüglich Innere Angelegenheiten
Sehr geehrter Herr Rabanus,
ich möchte wissen, ob Sie den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (§ 28b IfSG-E, sog. „Bundes-Notbremse“) zustimmen werden.
Falls ja, werden Sie sich dafür einsetzen, dass bereits geimpfte Personen von den nächtlichen Ausgangssperren ausgenommen werden?
Wie Sie sicher wissen, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Ausgangssperren geäußert. Gleiches gilt für die Einbeziehung vollständig geimpfter Personen, von denen laut RKI keine Infektionsgefahr ausgeht ( https://www.bundestag.de/resource/blob/835178/823674061cb1fcc753675daf5feb93ba/WD-3-083-21-pdf-data.pdf ).
Um die Wirkungslosigkeit nächtlicher Ausgangssperren zu erkennen, genügt bereits ein Blick in den heimischen Wahlkreis. Vergleicht man die Inzidenzen im Kreis Limburg-Weilburg (dort Ausgangssperre seit 02.04.2021) mit dem Rheingau-Taunus-Kreis (keine Ausgangssperre), so ergibt sich ein klares Bild:
02.04.21 LM 189 RÜD 87
03.04.21 LM 216 RÜD 90
04.04.21 LM 192 RÜD 86
05.04.21 LM 210 RÜD 90
06.04.21 LM 181 RÜD 88
07.04.21 LM 154 RÜD 71
08.04.21 LM 160 RÜD 70
11.04.21 LM 171 RÜD 88
12.04.21 LM 171 RÜD 83
13.04.21 LM 170 RÜD 87
15.04.21 LM 209 RÜD 125
16.04.21 LM 231 RÜD 122
17.04.21 LM 239 RÜD 124
Die Ausgangssperren haben keine Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen und führen somit auch nicht zu einer Senkung der Inzidenz. Dennoch befinden sich die Menschen in Limburg-Weilburg bereits seit Mitte Dezember 2020 - mit Unterbrechung im März 2021 - quasi im „Dauer-Hausarrest“.
Es sind die schwerwiegendsten Grundrechtseinschränkungen in der bundesdeutschen Geschichte, die nach nach Verabschiedung des § 28b IfSG-E keiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle im Einzelfall mehr unterliegen würden. Ich hoffe, dass Sie sich der Tragweite dieser Abstimmung bewusst sind.
Mit freundlichen Grüßen
S. Reusch
Sehr geehrter Herr Reusch,
vielen Dank für Ihre Nachricht, zu der ich gerne Stellung nehme.
Ich habe dem Gesetzentwurf in der namentlichen Schlussabstimmung nicht zugestimmt. Das können Sie auch auf der Homepage des Deutschen Bundestages einsehen. Zwar fand und finde ich es richtig, dass wir bundeseinheitliche Regelungen zur Pandemieeindämmung haben. In den vergangenen Monaten war es immer wieder der Fall, dass die Ministerpräsidentenkonferenz Beschlüsse gefasst hat, die im Nachgang in den einzelnen Bundesländern entweder überhaupt nicht oder nur in Teilen umgesetzt wurden. Nun gibt es eine bundeseinheitliche Regelung, die trotzdem die regionalen Unterschiede beachtet. Allerdings war und bin ich mit einzelnen Regelungen nicht einverstanden und ich werde mich weiter für dessen Veränderungen einsetzen. Ich halte es beispielsweise für dringend geboten, neben dem Kriterium der Inzidenz ein weiteres Kriterium - konkret die Intensivbettenbelegung - als Entscheidungsgrundlage verbindlich vorzusehen.
Auch halte ich es für zwingend, bei Geimpften, Genesenen und Getesteten von weitreichenden Einschränkungen der Grundrechte zukünftig abzusehen - sie sind nicht zu rechtfertigen. Deswegen hat der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat auf Vorschlag der Bundesregierung auch eine entsprechende Verordnung in der Zwischenzeit verabschiedet, die genau dies zum Inhalt hat. So gilt bspw. die von Ihnen beschriebene nächtliche Ausgangssperre für diese Personengruppen nicht mehr.
Soweit in aller gebotenen Kürze. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung - kontaktieren Sie gerne mein Büro.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rabanus