Frage an Martin Rabanus von Jan H.
Sehr geehrter Herr Rabanus,
ich würde gerne wissen, wie Sie sich zum Thema Fracking positionieren. Diese Methode ist für die Natur und damit für uns Menschen, die wir in dieser Natur leben müssen, äußerst schädlich. Am Beispiel von Kanada, wo schon seit längerem Fracking benutzt wird, sieht man, wie ganze Landstriche verseucht und für lange Zeit unbewohnbar für Tier und Mensch werden. Und nur um einem auf lange Sicht sowieso sterbenden Industriezweig das Leben noch ein wenig zu verlängern, dafür aber noch nicht abzusehende Schäden unserer Umwelt in Kauf zu nehmen, kann man das nicht befürworten.
Wie immer sind die Interessen der Industrie natürlcih gewaltig daran, diese Technik nutzen zu dürfen, da mit steigenden Preisen auch die Gewinne dementsprechend steigen. Als bei uns im Ort eine Initiative für bessere Eigenständigkeit und Vernetztheit für ältere Menschen ins Leben gerufen wurde, sagten Sie, dass es sehr gut und wünschenswert ist, wenn sich die Menschen mehr umeinander kümmern, gegenseitig helfen und somit den Ort lebenswerter gestalten. Nun haben sie die Chance für uns alle in Deutschalnd ein Zeichen zu setzen und für uns alle unsere Umwelt lebenswert zu erhalten.
Mit besten Grüßen
Jan Henry
Sehr geehrter Herr Henry,
ich danke Ihnen für Ihr Engagement und ihre Zuschrift vom 30. Juni 2015 zum Thema Fracking.
Die für die Sitzungswoche Anfang Juli 2015 angesetzte Beschlussfassung zum Fracking im Deutschen Bundestag wurde abgesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich für die Absetzung eingesetzt, da für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der Parlamentsvorbehalt zum unkonventionellen Fracking absolute Priorität bei diesem für die Menschen und die Umwelt so wichtigen Thema hat. Fracking ist eine Risikotechnologie, die wir nicht einer Expertenkommission und dem Ermessen von Landesbehörden überlassen dürfen. Das letzte Wort muss der Deutsche Bundestag haben.
Die Anzahl der vorgesehenen Probebohrungen muss auf das wissenschaftlich Notwendige begrenzt werden. Gemäß dem Koalitionsvertrag müssen die Länder im Rahmen der Probebohrungen beteiligt werden. In diesen Punkten gibt es noch Klärungsbedarf zwischen den Koalitionsfraktionen. Deshalb haben wir uns gegen die Beschlussfassung in dieser Woche ausgesprochen.
Innerhalb der Bundesregierung haben sich das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Absprache mit dem Kanzleramt auf einen Referentenentwurf zur Regulierung von Fracking verständigt. Er ist im Mai 2015 in den Bundestag eingebracht worden. Bisher haben die thematisch betroffenen Verbände und Organisationen die Möglichkeit, zum Thema Stellung zu nehmen, ausgiebig in Anspruch genommen. Die hervorgebrachten Argumente der Verbände und Organisationen werden bei der weiteren Diskussion im parlamentarischen Verfahren zum vorliegenden Entwurf einfließen.
In den parlamentarischen Beratungen wird die SPD-Bundestagsfraktion darauf achten, dass der Schutz der Umwelt, der Gesundheit sowie des Schutzgutes Trinkwasser absoluten Vorrang erhalten. Die jetzt geplanten Gesetzesinitiativen zielen darauf ab, bestehende Regelungen im Berg- und Wasserrecht zu konkretisieren und zu verschärfen. Denn nach geltendem Recht ist Fracking zur Erdgasgewinnung in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Der Gesetzentwurf von Barbara Hendricks und Sigmar Gabriel ändert dies und schafft endlich einen strengen Rechtsrahmen für Fracking. Unsere beiden Minister haben damit in kurzer Zeit ein umfassendes und sehr umweltfreundliches Regelungspaket vorgelegt. Kern des Gesetzentwurfs ist: Fracking soll in besonders sensiblen Gebieten nun vollständig verboten sein und dem „unkonventionellen“ Fracking zur kommerziellen Nutzung wird endgültig ein Riegel vorgeschoben.
Dennoch ist mir persönlich nicht ganz wohl bei der Thematik. Im Gegenteil: ich lehne das Fracking aufgrund der verschiedenen Argumente und Risiken, die auch Sie vorgetragen haben, grundsätzlich ab. Deswegen ist es auch mein Ziel und das der SPD insgesamt, möglichst weitreichende Regelungen zu treffen. Wenn Sie uns in der öffentlichen Debatte dabei unterstützen, freue ich mich sehr.
Die Wirklichkeit ist aber auch, dass wir in Berlin in einer Koalition mit einem Koalitionspartner regieren „dürfen“, der unsere gemeinsamen Bedenken nicht teilt bzw. nicht in der Form teilt – allen voran in diesem Punkt tatsächlich Bundeskanzlerin Merkel. Darin liegt das Problem. Und es ist, wie in allen Bereichen des Lebens: man muss Kompromisse finden, die schließlich mehrheitsfähig sind. Auch wenn das nicht an jeder Stelle erfreulich ist, so ist es doch die Basis für unser Zusammenleben insgesamt.
Insofern wäre es sicher hilfreich, wenn der öffentliche Druck vor allem denjenigen gegenüber aufgebaut bzw. erhöht werden würde, um hier entsprechendes Problembewusstsein zu fördern. Nur dann kann es meiner Einschätzung nach gelingen, weitere Erfolge im Gesetzgebungsverfahren zu erreichen. Ich lade Sie daher herzlich ein (so wie Sie es bereits geschrieben haben), weiteren Kolleginnen und Kollegen der CDU-Bundestagsfraktion weiterhin Ihre Haltung zum Fracking mitzuteilen.
Unabhängig davon finde ich es schon einen guten Erfolg, dass der Gesetzentwurf schon in seiner jetzigen Fassung die restriktivsten Regelungen vorsieht, die es in Deutschland je gab. Wir haben also aus meiner Sicht schon ein erhebliches Wegstück geschafft. Ob wir in dieser Wahlperiode noch weiter kommen, kann ich noch nicht abschließend sagen. So oder so werde ich mich weiter für einen kompletten Verzicht des Fracking einsetzen und auch entsprechenden gesetzlichen Regelungen arbeiten.
Weitere Informationen zur Haltung der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema Fracking können Sie dem Thesenpapier zum Fracking des Netzwerk Berlin, dem ich als Sprecher vorstehe, entnehmen.
Ich danke Ihnen nochmals für Ihr Schreiben und die darin geäußerten Bedenken und verbleibe,
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rabanus, MdB