Frage an Martin Neumann von Martin von K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Professor Neumann,
halten Sie es für möglich eine Norm für Batterien in Kraftfahrzeugen einzurichten und verpflichtend vorzuschreiben, zumindest was Form, Größe und Lage der Kontakte angeht?
Und halten Sie es für möglich mit Hilfe einer derartigen Norm das "Stromtanken" durch den schnellen Austausch der Batterien - versehen mit einem "Pflichtpfand" - an allen (größeren) Tankstellen zu ermöglichen, um somit dem Elektroauto eine bessere Infrastruktur zu bieten?
Falls Sie dies nicht für möglich halten, bitte ich Sie die Probleme hierbei zu erläutern.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Ketteler
Sehr geehrter Herr von Ketteler,
vielen Dank für ihre Frage zur Elektromobilität.
Die Elektromobilität entwickelt sich rasant und dieser Trend wird sich noch verstärken. Bei aller Euphorie ist offenkundig, dass es bei der Durchführbarkeit der Elektromobilität immer noch sehr viele offene Fragen gibt.
Die Realisierung der Elektromobilität ist neben den Antrieben maßgeblich mit den technischen Möglichkeiten der elektrochemischen Energiespeicherung und der Kosten von Batteriesystemen verknüpft. Die beachtlichen Weiterentwicklungen in der Batterietechnologie lassen aber auf einen zügigen Fortschritt bei Energieinhalt, Sicherheit, Lebensdauer und Kosten hoffen.
Es wird deutlich, dass die Batterie die Schlüsselkomponente der Elektromobilität oder vielmehr die Achillesverse ist:
Denn die Leistungsfähigkeit der Batterie bestimmt maßgeblich die Eigenschaften des Elektromobils und wird somit zum zentralen Differenzierungsmerkmal. Ebenso verhält es sich mit den Kosten einer Batterie und dem Endpreis, der wiederum die Wettbewerbsfähigkeit des E-Mobils bestimmt. Allein die Batterie beansprucht 30% bis 40% der Gesamtkosten des Fahrzeuges und stellt somit den Löwenanteil. Dies zeigt, dass eine Unzahl von Faktoren zusammen kommen müssen um die Elektromobilität erfolgreich einzuführen und die Mobilität auf Dauer klimaschonend umzustellen.
Das von Ihnen beschriebene Modell des „Wechselakkus“ ist eines von vielen Modellen, die gegenwärtig auf ihre Durchführbarkeit überprüft werden. Natürlich ist bei diesem Modell eine Standardisierung erforderlich, um einen unkomplizierten Ein- und Ausbau der Akkus zu gewährleisten.
Der optimale Zeitpunkt für die Einführung einer einheitliche Standardisierung und die Erarbeitung einer Norm ist augenblicklich schwer zu definieren, jedoch ist genau das entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität. Aber eine zu frühe Festlegung auf einen Standard verhindert gegebenenfalls die Einbeziehung von relevantem Wissen und technischen Entwicklungen. Dem gegenüber steht die verspätete Durchsetzung eines Standards, was dann mit einem erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand durch Umbau und Nachrüstung verbunden ist.
Um dieses Problem zu lösen sind alle an der Elektromobilität beteiligten branchen- und landesübergreifenden Akteure bereits in den Dialog getreten. Im Fokus der derzeitigen Gespräche stehen insbesondere Standards für die Ladesäule bezüglich des Aufbaus und des Schutzes sowie Ladestecker und Kommunikationsinstrumente. Denn die derzeit weltweit stattfindenden Modellversuche zeigen, dass nach wie vor Forschungs- und Diskussionsbedarf hinsichtlich vorteilhafter Schnittstellenalternativen besteht, und diese Diskussion über Standards bezüglich der Ladeinfrastruktur sachlich geführt werden muss.
Nachdem festgelegte Standards auch einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Elektromobilität haben und spätere Korrekturen nur schwer und unter hohem finanziellen Aufwand möglich sind, ist eine genaue Prüfung und die sorgfältige Auswahl von Standards unabdingbar. Eine systematische und objektive Auswertung der erarbeiteten Ergebnisse der Modellversuche wäre also sehr sinnvoll.
Diese Ergebnisse müssen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Länderdaten verglichen und in Deckung gebracht werden. Erst das würde eine wirkliche Grundlage zur Erstellung von Normen und Standards herbeiführen. Diese gilt es nun abzuwarten und die nächsten Schritte dementsprechend zu planen.
Eine endgültige Entscheidung, welches der derzeit durchexerzierten Modelle sich als markttauglich erweist , muss nun abgewartet werden. Weitere organisatorische Entscheidungen zur Umsetzung wie, Bsp. das von Ihnen angesprochene Pfandmodell, werden auch erst dann gefällt.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB