Frage an Martin Neise von Gerrit K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Neise,
Sie schreiben auf Ihrer Homepage:
"Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand, denn unsere Gesundheit ist keine Ware. Das Pflegepersonal muss besser bezahlt werden und wir brauchen hunderttausende neue Stellen. Fallpauschalen gehören abgeschafft."
Frage: Wie hoch beziffern Sie die Kosten für diesen Plan?
Frage: Anlässlich eines von Ihnen gegebenen Interviews (https://berlinbubble.de/berlinbubble-newsletter-2021-24/) folgende Frage:
Sind Sie der Meinung, dass sich der auch Ihrer Ansicht nach wichtige Kampf gegen den Klimawandel mit regelmäßigem Genuss von Fleisch aus (angesichts des Preises) höchstwahrscheinlicher Massentierhaltung bei Baba Sultan in Einklang bringen lässt?
Auf Ihrer HP schreiben Sie weiterhin:
"Es sind die arbeitenden Menschen dieses Landes, die unseren Wohlstand erwirtschaften. Nicht die Aktionärinnen und Bosse. (...) Deshalb sollen die Reichen sich endlich an unserem Gemeinwesen beteiligen."
Fragen: Sind Sie der Ansicht, dass Bosse nicht arbeiten? Oder weshalb kreieren Sie da einen Gegensatz zur "arbeitenden Bevölkerung"?
Zählen Sie jemanden, der studiert hat und danach in die Politik ging, zur "arbeitenden Bevölkerung"?
Inwiefern beteiligen sich die Reichen nicht an unserem Gemeinwesen? Was genau verstehen Sie unter "Beteiligung am Gemeinwesen"?
Wie lautet Ihre Definition von Populismus?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Koy,
es freut mich, dass Sie sich mit mir und mit meinen Positionen auseinandersetzen. Gerne Antworte ich Ihnen auf ihre Fragen.
Zu den Kosten:
Die kurze Antwort ist: Rund 11 Mrd Euro pro Jahr. Im Vergleich zu den rund 32 Mrd., die dem Staat durch Cum-Ex & Cum-Cum an Schaden entstanden sind, oder den 90 Mrd. Euro, die unser Steuerkonzept der Staatskasse jährlich einbringen würde also recht erschwinglich.
Die viel entscheidendere Frage ist meines Erachtens aber die Folgende: Sollten wir Menschenleben in Euro aufwiegen? Wenn Sie sich bei Pflegekräften mal umhören, werden Sie feststellen, dass auch vor der Pandemie die Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern alles andere als gut gewesen ist, weil es zum Beispiel massiv an Personal gefehlt hat. Unzureichende Versorgung im Krankenhaus heißt: Es sterben Menschen, deren Leben man hätte retten können. Also ich finde, das geht gar nicht.
Zu Baba Sultan:
Ein leckerer Köfte hier und da muss drin sein. Der Klimawandel hat systemische Ursachen und muss systemisch bekämpft werden. Individueller Konsum ist davon nur ein Aspekt. Die zentralen Stellschrauben sind: Klimaneutrale Energiegewinnung, Umbau der Industrie unter Beteiligung der Beschäftigten, Schienennetzausbau für den Güter- und Personenverkehr und die energetische Sanierung von Gebäuden.
Zu Aktionärinnen, Bossen, der arbeitenden Bevölkerung und dem Beitrag zum Gemeinwesen :
Herr Schwarz von Lidl hat in der Pandemie sein Vermögen um 14 Mrd. gesteigert. Währenddessen haben die Kassiererinnen nur einen mickrigen Gutschein bekommen. Ich mache Politik für diejenigen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen und nicht für jene, die auf dem Rücken ihrer Beschäftigten dicke Gewinne einfahren.
Ich bin Angestellter in der Erwachsenenbildung. Zur arbeitenden Bevölkerung zählen für mich alle Leute, die auf gute Löhne und einen starken Sozialstaat angewiesen sind, egal ob sie im Co-Working Space sitzen, Kinder erziehen, oder Haare schneiden. Das sind meine Leute, für sie und mit ihnen mache ich Politik seit ich 14 bin.
Während Leute mit mittleren und kleinen Einkommen unser Gemeinwesen und unsere Infrastruktur bezahlen, nutzen die Reichen jeden Trick um noch den letzten Euro am Fiskus vorbei zu schleusen. Beteiligung am Gemeinwesen bedeutet für mich, dass Kapitaleinkommen mindestens genauso hoch besteuert werden wie Lohneinkommen und dass auf angehäufte Vermögen ordentlich Erbschafts- und Vermögenssteuer bezahlt wird.
Freundliche Grüße zurück