Martin Heilig
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Frage von Lukas B. •

Frage an Martin Heilig von Lukas B. bezüglich Energie

Sehr geehrter Herr Heilig,

wie stehen sie zur verlängerten Laufzeit von Atomkraftwerken?

Wie könnte man ihrer Meinung nach den Ausfall an Strom (durch den Ausstieg aus der Atomkraft) beseitigen?

Wie sollte man den Umstieg auf alternative Energien finanzieren?

Mit freundlichen Grüßen

Lukas Bach

Martin Heilig
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bach,

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Anbei meine Antworten auf Ihre Fragen:

Wie stehen sie zur verlängerten Laufzeit von Atomkraftwerken?

Ich bin gegen die Verlängerung der im Atomkonsens zwischen Atomindustrie und Bundesregierung verbindlich vereinbarten Restlaufzeiten der Reaktoren.
Die Gründe hierfür sind vielfältig:
Atomkraftwerke sind gefährlich, weil es kein sicheres Lager für den Strahlenmüll gibt. Längere Laufzeiten für Alt-AKW behindern Investitionen in Zukunftsenergien.
Kein Atomkraftwerk der Welt ist gegen einen Super-GAU wie in Tschernobyl oder Harrisburg gesichert. Und je länger ein Kraftwerk läuft, desto störanfälliger wird es, wie Altanlagen in Biblis und Brunsbüttel zeigen. Neue Gefahren sind durch den internationalen Terrorismus hinzugekommen. Kaum ein Atomkraftwerk würde den Absturz eines Großraumflugzeuges ohne Freisetzung von Radioaktivität überstehen. Und dass nukleares Material immer in der Gefahr des militärischen Missbrauchs steht, zeigt nicht nur der Konflikt um das iranische Atomprogramm.
Außerdem ist das Problem des hochradioaktiven Atommülls nirgendwo gelöst. Ein Endlager gibt es nicht, während das Vorzeigebergwerk für Atommülllagerung im Salz, die Asse bei Wolfenbüttel, gerade in radioaktiver Lauge absäuft. Eine Verlängerung der Laufzeiten würde die Menge des hochaktiven Mülls von 4600 auf 9000 Tonnen steigern, hinzu kommen noch größere Mengen von schwach- und mittelaktiven Abfällen.
Wenn die Atomkraftwerke länger laufen, behindern sie dringend notwendige Investitionen in moderne Technologien und erneuerbare Energien, weil es für die Energiekonzerne attraktiver ist, Milliardengewinne mit alter, abgeschriebener Technologie zu machen, als in neue zu investieren. Schon das permanente Gerede über mögliche Laufzeitverlängerungen sorgt für Verunsicherung und schreckt von Investitionen in Energieeinsparung, hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung und Erneuerbare Energien ab.

Wie könnte man Ihrer Meinung nach den Ausfall an Strom (durch den Ausstieg aus der Atomkraft) beseitigen?

Die "Stromlücke" ist eine Stromlüge.
Seit Monaten wird eine kommende Stromlücke von den Energiekonzernen an die Wand gemalt. Sie stützen sich dabei auf eine von ihnen selbst finanzierte Studie der Energieagentur dena. Entsprechend fiel das Ergebnis aus: realistische Kraftwerkspotenziale in der Größenordung von rund 20.000 Megawatt wurden schlichtweg wegrechnet. Die Stromeinsparung wird klein gerechnet und die wachsenden Stromexporte Deutschlands finden gar keine Berücksichtung. Auch hier gilt: Mit dem Gerede von einer Stromlücke wollen E.on RWE und Co ihre Marktmacht schützen.
In unserem Energiekonzept 2.0 haben wir Grünen aufgezeigt, wie Deutschland bis 2020 ohne Atom und ohne neue Kohlekraftwerke sicher und klimaverträglich mit Strom versorgt werden kann. Unabhängige Berechnungen, etwa des Umweltbundesamtes, teilen diese Einschätzung und sehen ebenfalls keine Verknappung von Strom trotz Atomausstiegs und Verzichts auf neue Kohlekraftwerke.
Selbst die Bundesregierung glaubt nicht an eine Stromlücke durch den Atomausstieg bis 2020. Als der 2001 beschlossen wurde, lieferte Atom 27 Prozent des Stroms, Erneuerbare lieferten vier Prozent. Heute liefern AKWs nur noch 22 Prozent, erneuerbare Energien dagegen schon 14 Prozent des Stroms.
Nun hat die Große Koalition ein Erneuerbares Energiengesetz beschlossen, wonach 2020 mindestens 30 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen sollen. Anders gesagt, Merkel und Glos gehen selbst davon aus, dass Atom komplett durch Erneuerbare ersetzt werden kann ? und wollen zusätzlich 11 Prozent des Stormbedarfs einsparen.

Wie sollte man den Umstieg auf alternative Energien finanzieren?

Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) gewährleistet, dass Strom aus Erneuerbaren für die gesamte Laufzeit einer Anlage (z.B. Windkraftanlage oder Photovoltaikanlage) zu einem bestimmten Preis ins Allgemeine Stromnetz eingespeist werden kann. Die Kosten hierfür tragen alle Stromkunden. Dieses Gesetz, dass zu einem unglaublichen Boom, technologischen Fortschritt und 220.000 neuen Arbeitsplätzen geführt hat im Bereich Erneuerbare Energien in Deutschland, stellt die Basis für die Energieversorgung von morgen und Deutschlands Marktführerschaft in einem stark wachsenden Weltmarktsegment dar. Die Kosten dafür betragen für einen durchschnittlichen Vierpersonenhaushalt gerade einmal 1,50 € im Monat. Eine überaus lohnende Investition!
Auf Landesebene werde ich mich u.A. für eine Unterstützung alternativer Energien durch nachfolgende Maßnahmen einsetzen:

- Stärkere Förderung der Forschung in diesem Bereich
- Umstellung der öffentlichen Stromnachfrage auf Ökostrom
- schnellere, unbürokratischere und leichtere Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen
- Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Steuerbefreiung für zertifizierten Biodiesel (der z.B. aus Reststoffen z.B. von Viehfutter - hergestellt wird).

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Heilig