Frage an Martin Delius von Philip B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Delius,
Wie ich der Webseite der Piratenpartei Berlin entnehmen konnte sind sie so etwas wie der Bildungspolitische Sprecher der Piratenpartei in Berlin, deshalb meine Frage an Sie:
Wie stehen sie und wie steht die Piratenpartei zur Regelstudienzeit? Sehen sie dieses Instrument als richtig an um unsere Universitäten vor Überfüllung und Überlastung durch Langzeitstudenten zu schützen?
Mit freundlichen Grüßen
Philip Brechler
Lieber Herr Brechler
Die PIRATEN Berlin wollen die Regelstudienzeit komplett abschaffen. Diese überkommene Regelung, die heutzutage dazu dient Zuschüsse für Universitäten, für Studierende oder einzelne Studiengänge zu beschneiden und als Kriterium für die „neue“ erzwungene Exmatrikulation gelten sollte, schadet einem freien Studium und der Studierbarkeit von fast allen Studiengängen an Berliner Hochschulen allgemein.
Die Überfüllung der Hörsäle, die angeblich zu teuren Studiengänge und die absolute Überforderung des akademischen Lehrbetriebs - selbst an „Eliteuniversitäten“ wie der Freien Universität Berlin - existieren nicht weil Studierende zu lange studieren oder zwischendurch eine Pause einlegen. Diese Probleme existieren weil Hörsäle zu voll sind, Studiengänge danach evaluiert werden, wie schnell möglichst große Gruppen Studierender durch überfüllte, qualitativ immer geringwertigere Lehrveranstaltungen geschleust werden können, und akademisches Personal in unterbezahlten Stellen unter dem Zwang der eigenen wissenschaftlichen Weiterqualifikation genau diese übervollen Tutorien, Übungen, Praktika oder Vorlesungen betreuen muss ohne richtig vorbereitet zu sein.
Mit der Abschaffung der Regelstudienzeit gehen wir den ersten Schritt um in Zukunft die Qualität von Studium, Universitäten und Abschlüssen nicht mehr an der Zeit in der sie absolviert werden zu bemessen. Die Bemessung des BAFöG soll sich unserem Willen nach ebenfalls an einer maximalen Förderungsdauer unabhängig von virtuellen Regelstudienzeiten orientieren oder ganz ohne maximale Förderungsdauer auskommen.
Wir wollen mit dieser ersten Maßnahme auch die Not Aller in Zeiten von steigenden Studienanfängerquoten und doppelten Abiturjahrgängen lindern. Wir können und wollen niemandem den Zugang zum Studium verwehren nur weil zu wenig Platz für alle gleichzeitig da ist. Wir werden keine Studierenden dafür bestrafen, dass sie aus ihrer persönlichen freien Entscheidung oder sozialen, wirtschaftlichen oder anderen Zwängen heraus länger studieren. Wir haben längst erkannt, dass eine Reform der maroden akademischen Bildung in Zeiten von Leistungswahn und Elitenförderung erst möglich ist wenn Studierenden und akademischen Einrichtungen maximale Freiheit und Zeit zum Verschnaufen gelassen wird. Wir vertrauen auf den Antrieb einer freien wissenschaftlichen Ausbildung und der Neugier wegen derer die meisten Menschen ein Studium anfangen.
Mit orangenen Grüßen
Martin Delius