Frage an Markus Ulbig von Wilfried M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Ulbig,
Sie sind zugleich Minister und Abgeordneter. Analog dazu hat Ihre Parteigenossin Merkel neben ihrem Amt als Bundeskanzlerin einen Sitz im Bundestag, ohne Zeit zu finden, auf huer gestellte Wählerfragen einzugehen (1).
Meine Fragen:
1. Entspricht die Personalunion von Amt und Mandat Ihren Vorstellungen von effektiver Gewaltenteilung auch durch "Checks and Balances"?
2. a) Falls dies nicht der Fall sein sollte: Welche Gründe gibt es, die für die Personalunion sprechen?
2.b) Falls doch: Wie tragen Sie evtl. Konfikte zwischen Ihren evtl. unterschiedlichen Sichtweisen (als Herrn Tillich verpflichtetes Regierungsmitglied einerseits, als Ihrem Gewissen verpflichteter Abgeordneter andererseits)?
3. Erhalten Sie neben Ihren Ministerbezügen Diäten als Abgeordneter?
4. Wie begegenen Sie Auffassungen, denen zufolge
a) ein nach Ihrer Amtsübernahme nachrückender Abgeordneter Ideen in die Fraktions- und Parlamentsdebatte (und damit indirekt in die Regierungsarbeit) einbringen würde, auf die Sie womöglich -z.B. mangels Fachwissen- gar nicht kämen?
b) das Ergebnis der gedanklichen Gruppenarbeit einer Fraktion ohne Beteiligung von Minister / Ministerpräsident/ Kanzlerin besser / eher von Sachwissen als von persönlichen Interdependenzen bestimmt sein dürfte?
Ich bitte höflichst um vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl. med. W. M.
Facharzt für Anatomie, Psychiatrie und Psychotherapie a.D.
Verein Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
1) vgl. Frau Merkel: aktuell keine der 248 hier gestellten Fragen: http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_angela_merkel-778-78333.html
Sehr geehrter Herr M.,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und bitte zunächst um Verständnis dafür, dass ich mich nicht zum Nutzungsverhalten von abgeordnetenwatch.de anderer Abgeordneter äußere.
Ich selbst bevorzuge als Abgeordneter die direkte Kommunikation mit den Bürgern aus meinem Wahlkreis, persönlich, über meine Homepage, schriftlich oder per E-Mail.
Zu Ihren Fragen:
1.) Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Die Regierung im Bund und in den Ländern wird i.d.R. durch die Mehrheit des Parlamentes getragen. Im Gegenzug unterliegt die jeweilige Regierung einer weitreichenden parlamentarischen Kontrolle und ist bei dem überwiegenden Teil der Entscheidungen auch auf die regierungstragende Mehrheit des Parlamentes angewiesen. Aus diesem Grund ist die Regierung eng mit der regierungstragenden Mehrheit im Parlament verzahnt.
In einer präsidentiellen Demokratie, wie z. B. den Vereinigten Staaten, wird der Präsident durch Präsidentschaftswahlen legitimiert. Vor diesem Hintergrund besitzt dieser auch weitreichende Kompetenzen. „Checks and Balances“ beschreibt vor diesem Hintergrund einen spezifischen Begriff für die Gewaltenteilung in einem solchen politischen System, das sich in wesentlichen Punkten vom politischen System der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet. Eine parlamentarische Kontrolle der Regierung wird dort in anderer Form organisiert. Der Grundsatz der Gewaltenteilung durch gegenseitige Kontrolle der Verfassungsorgane soll im Sinne von Überprüfung und Ausgleich sichergestellt werden.
Um einer Machthäufung vorzubeugen dürfen die Mitglieder des Kabinetts in den USA daher nicht dem Parlament angehören.
Beide Ausprägungen sind bewährte und funktionierende demokratische Systeme mit einer unabhängigen Judikative. Auf Grund der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts halte ich eine parlamentarische Demokratie, in der weit weniger Kompetenzen auf einer Person gebündelt werden, als die für Deutschland bessere Regierungsform.
Weil die Sächsische Staatsregierung von der Mehrheit des Sächsischen Landtages getragen wird, ist die gleichzeitige Funktion als Mitglied des Parlamentes kein Widerspruch, sondern, zumindest für mich, eine Bereicherung.
2.) Die Regierungsarbeit basiert auf einem durch die Partei beschlossenen Wahlprogramm, welches ggf. über einen Koalitionsvertrag in Regierungshandeln umgesetzt wird. Im Detail werden die Regelungen durch die fachlichen Arbeitskreise erarbeitet und durch einen Beschluss des Parlamentes legitimiert.
Vor diesem Hintergrund sehe ich keinen Konflikt darin, die von mir als Parlamentsmitglied getragenen Entscheidungen dann als Staatsminister auch umzusetzen. Selbstverständlich ist der sächsische Ministerpräsident ebenfalls an die Entscheidungen der Parlamentsmehrheit gebunden. Auch von der Regierung eingebrachte Gesetzesinitiativen bedürfen der Zustimmung des Parlamentes.
Als direkt gewählter Abgeordneter erhalte ich aus meinem Wahlkreis auch direktes Feedback zu den entsprechenden Regelungen. Dies unterstützt mich dann auch wieder bei der Entscheidungsfindung in meiner Funktion als Staatsminister.
Im Gegensatz zur Meinungsbildung halte ich mich in meiner Amtsausübung aber an eine strikte Trennung zwischen Amt und Mandat. So steht es mir frei, mich als Abgeordneter für Themen einzusetzen, die ggf. in ein anderes Ministerressort fallen. Als Staatsminister achte ich selbstverständlich die entsprechende Ressorthoheit.
3.) Ministerbezüge und Grundentschädigung als Abgeordneter werden weitgehend miteinander verrechnet. Die volle Grundentschädigung als Abgeordneter steht mir, entsprechend der geltenden Regelungen, nicht zu.
4.) Die Aufstellung der CDU-Kandidaten verläuft transparent. Jedes CDU-Mitglied aus dem jeweiligen Ortsverband kann sich um eine Nominierung bewerben. Bei dieser Bewerbung kann jeder Bewerber die Mitglieder seines Ortsverbandes mit seinem Fachwissen überzeugen ihn zu wählen.
Die jeweilige Landesliste wird in den Spitzenpositionen oft durch Regierungschefs und Kabinettsmitglieder besetzt. Dies geschieht vor allem auf Grund des vorhandenen Fachwissens. Aber auch hier gibt es in aller Regel mehr vordere Plätze als Regierungsmitglieder.
Unabhängig von den Möglichkeiten der Nominierung für die Wahlen komme ich in regelmäßigen Runden immer wieder mit den Mitgliedern meines Ortsverbandes zusammen und stehe diesen gern für Anregungen und Gespräche zur Verfügung. Auch auf diesem Weg kann spezielles Wissen in die parlamentarische Arbeit eingebracht werden. Dies gilt im Übrigen auch für Unternehmen, Vereine, Verbände und Bürger aus meinem Wahlkreis.
In den jeweiligen fachlichen Arbeitskreisen werden darüber hinaus auch oft Vor-Ort-Besuche und Expertenbefragungen durchgeführt, um sich vor einer Entscheidung ein möglichst breites Bild von der Sachlage zu verschaffen. Dieses Fachwissen findet dann seine Abbildung in den zum jeweiligen Thema zu treffenden Entscheidungen.
Mit freundlichen Grüßen
Staatsminister Markus Ulbig
Mitglied des Sächsischen Landtages
CDU-Fraktion