Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen? Werden Sie sich dafür einsetzen?
Gedanken dazu:
- Mit wachsender Digitalisierung und Automatisierung sinkt der quantitative Bedarf an Arbeitskräften
- BGE reduziert Verwaltungskosten für Sozialleistungen und fördert Ehrenamt
- BGE erhöht Risikobereitschaft und fördert Unternehmergeist
- Verschiedene Finanzierungsmodelle: Einkommenssteuer, Umsatzsteuer, Finanztransaktionssteuer, ...?
- Varianten: Bürgergeld, sanktionsfreie Grundsicherung, an Bedingungen geknüpftes (B)GE, ...?
Sehr geehrte Frau Riemenschneider,
ich danke Ihnen für diese wichtige Frage, deren Beantwortung einer weiteren gesellschaftlichen Debatte bedarf. Ich diskutiere die Frage nach einem BGE regelmäßig und leidenschaftlich, eine abschließende Antwort, die für alle akzeptabel ist, habe ich aber noch nicht finden können. Folgende Gedanken dazu:
- Ich meine (nach einem 1,5-jährigen Selbstexperiment), dass der Hartz IV-Regelsatz ein würdevolles Leben mit Biolebensmitteln und budgetorientierten Urlauben ermöglicht. Die nicht-finanzielle Seite von Hartz IV mit vollständiger Offenlegung, viel Bürokratie und drohenden Sanktionen sehe ich sehr kritisch. Ein GE kann hier die Lebenssituation vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger verbessern.
- Auf der anderen Seite muss man sich mit dem Argument des "Durchfütterns" auseinandersetzen. Ich sehe Erwerbsarbeit nicht nur als wirtschaftliche Voraussetzung für ein erfülltes Leben, sondern auch als einen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander.
- Eine zentrale Frage ist weiterhin die Höhe des GE. Ich halte nichts von pauschalen Forderungen wie "1000 € für jeden/jede!". Viel mehr ist es für ratsam das BGE als ein Vielfaches des Existenzminimums festzuschreiben. Dieses wird gerichtlich festgelegt und regelmäßig an die Verbraucherpreise angepasst. Ich halte Faktoren zwischen 1,0 und 1,5 für angemessen. Letztlich sind die GE-Funktionen ein Armutsschutz und eine abgesicherte Rückfallebene.
- Hinsichtlich der Finanzierbarkeit schlägt die ÖDP vor, Umweltabgaben einzuführen und dafür heranzuziehen. Sie nennt das dann Human-Ökologisches Grundeinkommen (HÖGE). Die Grundidee (Internalisierung) unterstütze ich, jedoch sehe ich die Dauerhaftigkeit einer solchen Finanzierung nicht gesichert.
- Um das erforderliche Finanzvolumen dramatisch zu reduzieren, schlage ich daher vor, Erwerbseinkommen auf das Grundeinkommen anzurechnen: Für jeden verdienten Euro werden 50 Cent vom Grundeinkommen abgezogen. Die genaue Quote ist dabei verhandelbar. Sollte das GE also 1000 € betragen, würden Geringverdienende mit 1000 € Monatseinkommen 500 € hinzubekommen, Menschen mit 1999 € pro Monat nur noch 0,50 €. So ist sichergestellt, dass Menschen, die arbeiten gehen, immer mehr Geld haben als die, die nur das GE bekommen. Außerdem werden die oft kritisierten Zahlungen an Wohlhabende und Reiche umgangen.
Letztlich sehe ich noch zu viele offene Fragen, um das Thema sofort auf die Bundestags-Tagesordnung zu bringen. So schwerwiegende Entscheidungen sollten auch nicht nur mit einer knappen Mehrheit angenommen werden. Ich werde mich also weiter an der Suche nach einer optimalen Lösung beteiligen und diese gerne unterstützend, wenn sie für alle Seiten akzeptabel ist.