Frage an Markus Söder von Guido L. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. Söder,
ich habe sowohl die Frage von Herrn Ludwig Niederberger vom 30.05.11 als auch Ihre Antwort vom 20.06. an ihn mit Interesse gelesen. Dort behaupteten Sie, dass es in Bayern keinen einzigen geeigneten Standort für ein atomares Endlager geben würde und haben als Beweis eine Broschüre Ihres Ministeriums verlinkt.
Im WDR-Fernsehen wurde im März d.J. ein m.E. hochinteressanter Beitrag zur möglichen Eignung von Gorleben als Endlager-Standort sowie die Chronologie der Geschichte dazu gezeigt (der Beitrag wurde heute bei 3SAT wiederholt) . Ziemlich am Ende des 45-minütigen Beitrags sind auch Sie kurz im Interview zu sehen, wo Sie sagten, dass Bayern keinen geeigneten Standort bereitstellen könne (Minute 40.50 -55).
Kurz darauf wird jedoch der Geologe Volkmar Bräuer vom Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (GBR) befragt, der Untersuchungsergebnisse seiner Anstalt dezidiert erläutert, wonach neben Standorten in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wohl auch ein Gebiet in Bayern und Baden-Württemberg (an der Donau) möglicherweise doch als geeigneter Standort infrage kommt, siehe den Beitrag des WDR: http://www.podcast.de/episode/2102701/die_story%3A_14.03.2011,_Endstation_Gorleben%3F_-_Der_Streit_um_den_Atomm%C3%BCll (ziemlich am Ende des Beitrags) .
Meine Fragen:
- Kennen Sie die Gutachten des Bundesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe bisher nicht?
Ich unterstelle Ihnen (und hoffe), dass Sie keine absolute Blockadehaltung einnehmen:
- Sind Sie bereit, die Aussagen dieser Fachleute ernsthaft zu prüfen und sich deren Rat zu holen?
- Teilen Sie meine Meinung, dass es in Anbetracht der Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Teil des bisher und auch zukünftig produzierten Atommülls auch aus bayerischen kerntechischen Anlagen (vorwiegend Atomkraftwerken) stammt, es unfair wäre, sich einer ergebnisoffenen Standortsuche nach einem Endlager im gesamten Bundesgebiet zu verweigern?
Mit freundlichen Grüßen
Guido Langenstück (85386 Eching)
Sehr geehrter Herr Langenstück,
die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), das geowissenschaftliche Kompetenzzentrum des Bundes, hat bereits umfassende vergleichende Untersuchungen von Salz-, Kristallin- und Tongestein im Hinblick auf ihre Eignung für die Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen in tiefen geologischen Formationen Deutschlands durchgeführt.
Für den Standort Bayern sind die wissenschaftlichen Ergebnisse der BGR und des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) eindeutig: Bayern ist für einen Endlagerstandort nicht geeignet, da in Bayern die Gesteinsformationen nicht den Mindestanforderungen an ein Endlager entsprechen. Die geologische Situation kann wie folgt zusammengefasst werden:
- In Bayern gibt es keine Salzstöcke wie in Norddeutschland. Salz kommt in Bayern nur in dünnen "Blätterstrukturen" vor, die für eine Endlagerung hochradioaktiver Abfälle völlig ungeeignet sind.
- Die Granitvorkommen in Bayern sind zerklüftet und von geologischen Störungen durchzogen.
- In der Gegend um Neu-Ulm gibt es eine Tonformation, die in kleinen Bereichen in Bayern liegt, aber nur eine geringe Mächtigkeit von knapp über 100 m aufweist und von stark Wasser führenden Grundwasserleitern über- und unterlagert wird. Im Gegensatz dazu sind die norddeutschen Tonschichten bis zu 1500 m dick.
Weitere Einzelheiten dazu sind in der Broschüre des LfU zu finden ( http://www.bestellen.bayern.de/shoplink/lfu_bod_00068.htm ).
Die BGR hat die bisherigen Ergebnisse der Erkundung des Salzstocks Gorleben ausgewertet und veröffentlicht. Keines der Erkundungsergebnisse steht einer Eignung Gorlebens für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle entgegen. Laut BGR gibt es aus geowissenschaftlicher Sicht keine Erkenntnisse, die gegen eine Weiterführung der Erkundung des Salzstocks Gorleben sprechen.
Selbst die damalige rot-grüne Bundesregierung hat bereits in der Ausstiegsvereinbarung vom 11.06.2001 die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes positiv bestätigt und festgehalten, dass die bisher gewonnen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstocks Gorleben nicht entgegenstehen.
Zusätzlich wurde auf der Ministerpräsidenten-Konferenz vom 03.06.2011 beschlossen, parallel zur Weitererkundung des Salzstocks Gorlebens, bundesweit nach alternativen Standorten für ein mögliches Endlager für hochradioaktive Abfälle zu suchen. Derartigen Untersuchungen wird sich Bayern nicht entziehen. Ein Gesetzesentwurf zur Endlagersuche soll von der Bundesregierung bis Ende 2011 vorliegen.
Voraussetzung für eine Erkundung neuer Standorte wäre jedoch zunächst die Durchführung eines Auswahlverfahrens mit definierten Kriterien. Dies ist Aufgabe des Bundes. Erst am Ende eines Auswahlverfahrens steht eine Erkundung an geeigneten Standorten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder MdL