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Markus Koob
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Frage von Angelika S. •

Frage an Markus Koob von Angelika S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Darf ich fragen, wie Sie es mit der Massentierhaltung.
Zahlreiche Enthüllungen belegen die gravierenden Misstände in den Ställen, die vor allem die Tiere sehr schwer treffen. Doch auch Anwohner/innen leiden unter dem Gestank der Mastanlagen. Durch zuviel Gülle landet viel zu viel Nitrat im Grundwasser. Und die Arbeitsbedingungen in den Tierfabriken sind teils skandalös.

Die neue Bundesregierung kann sehr viel auf den Weg bringen: den Tierschutz verschärfen und für mehr Kontrollen sorgen. Das Baugesetz so reformieren, dass Megaställe nicht länger als „landwirtschaftliche Betriebe“ bevorzugt werden. Oder Fleisch aus Massentierhaltung kennzeichnen. Wichtig ist: Die Bundesregierung darf sich nicht länger auf Selbstverpflichtungen der Industrie verlassen, sondern muss endlich handeln.

Wie sehen Sie das?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail zur Massentierhaltung. Gern nehme ich im Folgenden Stellung.

Die Tierhaltung hat für die deutsche Landwirtschaft eine enorme Bedeutung. Ihr Produktionswert liegt bei 24,8 Mrd. Euro, was fast der Hälfte des gesamtlandwirtschaftlichen Produktionswertes entspricht. Exportiert werden Fleisch- und Milcherzeugnisse im Wert von 13,5 Mrd. Euro. Die Importe liegen bei 12,5 Mrd. Euro. Zwei Drittel der etwa 4,6 Millionen Beschäftigten in der Lebensmittelkette erhalten ihr Einkommen direkt oder indirekt aus der Tierhaltung.

Trotz der enormen wirtschaftlichen Bedeutung und der Tatsache, dass die europäische, insbesondere die deutsche Tierhaltung sehr hohe Ansprüche an den Tierschutz in der Nutztierhaltung erfüllen, gibt es in der Gesellschaft intensive Debatten über die Zukunft der Tierhaltung. Dabei werden tatsächliche Ansatzpunkte und Notwendigkeiten, die moderne Nutzierhaltung hinsichtlich Tierwohl aber auch Auswirkungen auf die Umwelt weiter zu entwickeln, mit Vorurteilen und einem einseitigen, realitätsfernen Blick auf die konventionelle Tierhaltung vermengt. Dies lässt ein Zerrbild von der Landwirtschaft entstehen.
Fakt ist, die Aussage 'Früher lebten die Tiere besser' ist falsch. Leider haben viele Verbraucher dieses romantisierte Bild einer früheren Landwirtschaft in den Köpfen.
Früher lebten die meisten Tiere in dunklen, feuchten Ställen. Kühe z. B. waren häufig ihr Leben lang im Stall angekettet und haben keine Weide gesehen; Schweine standen in engen Koben eingepfercht. Weder das Tierwohl war früher höher als heute, noch die Stallhygiene entsprach den heutigen, modernen Standards. Deshalb waren unsere Lebensmittel noch nie so sicher wie heute. Wir haben in Europa und insbesondere in Deutschland die höchsten Tierschutzstandards weltweit. Was die meisten Verbraucher auch nicht wissen: Selbst viele konventionell wirtschaftende Betriebe gehen über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus (z. B. beim Platzangebot für ihre Tiere). Dennoch wollen wir in der kommenden Legislaturperiode ein Tierwohllabel und ein Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallsysteme einführen, um ganz sicher gehen zu können.

Was ist sogenannte Massentierhaltung? Es gibt hierfür bislang keine abgestimmte Definition. Ausgangspunkt des Begriffs "Massentierhaltung" war die MassentierhaltungsVO aus dem Jahr 1975. Sie galt für Bestände ab 1.250 Tiere. In Umfragen empfinden Verbraucher häufig schon Ställe mit 100 Tieren als "Massentierhaltung". Das Tierwohl hängt nicht davon ab, ob ein Landwirt 10, 500 oder 2.000 Tiere hält. Entscheidend ist das Tierwohl jedes einzelnen Tieres, nicht in erster Linie die Gesamtzahl. Hierfür ist maßgeblich, wie der Betrieb geführt wird, ob die Tiere regelmäßig versorgt werden oder wie sich die Qualität der Stallanlagen darstellt. Im Übrigen existieren schon heute zahlreiche Bio-Siegel, die dem Verbraucher, der nicht auf Massentierhaltung setzen möchte, genug Informationen an die Hand geben, um auf Massentierhaltung zu verzichten.

Richtig ist aber, dass wenn Verstöße gegen das Tierwohl bestehen, Amtstierärzte aufgrund §16a Tierschutzgesetz "Beschützergaranten" für das Wohl der Tiere und die Einhaltung des Tierschutzrechts sind. Nicht die Bundesregierung ist nämlich für die Kontrollen zuständig. Amtstierärzte sind verpflichtet, gegen tierschutzrechtswidrige Handlungen und Zustände vorzugehen. Es gibt kein Entschließungsermessen. Amtsveterinäre müssen immer handeln, wenn in ihrem Zuständigkeitsbereich Verstöße gegen Tierschutzrecht begangen wurden, noch werden oder bevorstehen. Bleiben sie untätig, können sie selbst Straftaten i.S.d. §17 TierSchG durch Unterlassen begehen. Im Hochtaunuskreis befinden sich die Ansprechpartner in der Abteilung Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Ludwig-Erhard-Anlage 1-5, 61352 Bad Homburg.

Zur Sicherstellung der Grundwasserqualität in Deutschland müssen die Nitratgrenzwerte für den Boden natürlich eingehalten werden. Andernfalls müssen Sanktionen folgen. Mit der Novellierung der Düngegesetzgebung werden die Anforderungen an die landwirtschaftliche Düngung verschärft, um Auswirkungen auf die Umwelt, wie den Nitrateintrag, zu verringern. Maßnahmen sind u. a. die Verlängerung der Ausbringungssperrfristen und Beschränkungen der Ausbringungsmenge. Damit die Betriebe die erhöhten Anforderungen meistern können, werden wir sie durch die Förderung von neuer Ausbringungstechnik und Lagerkapazitäten unterstützen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zur Sicherstellung unseres Konsums in Deutschland Massentierhaltung benötigen. Solange die Produktion dieser Mengen an Fleisch in Deutschland notwendig sind, um den Konsum zu bedienen, solange wird Massentierhaltung in Deutschland von Bedeutung sein, aber nochmal: Massentierhaltung und Tierwohl schließen sich entgegen medialer Berichterstattung im überwiegenden Teil der Fälle in Deutschland nicht aus. In den Fällen, in denen das Tierwohl missachtet wird, werden die deutschen Behörden - ob in den Kommunen oder im Land - auch in Zukunft genau hinsehen und handeln und gegebenenfalls harte Maßnahmen zum Schutz der Tiere ergreifen. Ich verneine nicht, dass es in einigen Betrieben in unserem Land tatsächlich dringend zu beseitigende Missstände gibt, habe aber schon viele Betriebe in meinem Wahlkreis besichtigt und kann sagen, dass es den Tieren dort sehr gut geht.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte.

Herzliche Grüße
Ihr Markus Koob

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