Frage an Markus Koob von Rolf W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Mehrere Bürgerinitiativen fordern zu Recht die Möglichkeit der Volksabstimmung. Ich habe mich als mündiger Bürger ebenfalls daran beteiligt. Warum greifen Sie das Thema nicht auf und setzen sich dafür ein, dass es umgesetzt wird?
Sehr geehrter Herr W.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zu Volksabstimmungen auf Bundesebene.
Seit 1949 haben wir in Deutschland eine repräsentative Demokratie. Diese zeichnet sich durch eine große politische Stabilität und Nachhaltigkeit aus. Auch wegen der repräsentativen Demokratie befinden wir uns in der längsten demokratischen Friedensperiode, die es in Deutschland je gegeben hat.
Volksentscheide auf kommunaler oder Landesebene sind eine gute Sache, weil es dort um Fragen geht, die die Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld betreffen. Auf Bundesebene lehne ich sie aber ab, auch weil es dort um sehr schwierige Fragen gehen kann, die nicht einfach auf ein Ja oder Nein reduziert werden können.
Viele wichtige politische Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte waren, als sie getroffen wurden, zudem zum Teil überaus unpopulär. So etwa die Entscheidung über die Westbindung Deutschlands, der Nato-Doppelbeschluss oder die Einführung des Euro. Diese Beschlüsse waren und sind für Deutschlands Wohlstand Grundvoraussetzung und haben sich daher als Segen für unser Land erwiesen haben.
Während das Gesetzgebungsverfahren nach langjähriger Praxis zu einem ausdifferenzierten Verfahren geworden sei, führen Volksabstimmungen, wie man sie schon heute oft auf Landesebene erleben kann, in vielen Fällen zu einer unangemessenen Verkürzung der Sachthemen. Diese Verkürzung eröffnet populistischen Konstellationen viele Handlungsmöglichkeiten. Es besteht die Gefahr, dass Entscheidungen nicht auf Grundlage von sachlichen Erwägungen getroffen werden, sondern auf Grundlage von Emotionen oder fehlenden Wissens. Entscheidungen wichtiger Sachfragen müssen aber frei von Stimmungen und Stimmungsmachern sein und auf rationalen Erkenntnissen fußen.
Aus diesen genannten Gründen bin ich kein Verfechter von Volksabstimmungen auf Bundesebene. Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei Ihrer Frage weiterhelfen.
Herzliche Grüße
Ihr Markus Koob