Frage an Markus Koob von Norbert S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Guten Tag, Herr Koob!
Ich möchte die Frage von Herrn B. etwas konkretisieren, da ich befürchte, dass Sie das Positionspapier Ihrer Fraktion für wissenschaftlich genug halten könnten.
Ihre Aussage am 28.1. [ http://dbtg.tv/fvid/6480972 9:18] war wörtlich: "Rauchen kann töten, Dampfen sehr wahrscheinlich auch."
Das ist eine explizite Quantifizierung des Risiko, die nahe bei der viel kritisierten Aussage von Frau Schwesig liegt. Was Herr B. und ich von Ihnen möchten sind genaue wissenschaftliche Quellenangabe, auf die sich diese Aussage stützt.
Die Traktate, auf die die Regierung und die Fraktionen in ihren Positionspapieren verweisen, haben ich und etliche andere Bürger schon lange intensiv ausgewertet. Auch etliche der dort angegebenen Quellen. Nirgends fand ich eine einzige Stelle, die eine derartige Aussage zulassen würde. Was ist also die wissenschaftliche Grundlage für Ihre Aussage?
Basierend auf der semantischen Analyse zahlreicher Veröffentlichungen Ihrer Experten habe ich versucht, die Ursachen für den Konflikt aufzuzeigen. Hierbei möchte ich Herrn Schwartze lobend erwähnen, da er zu den wenigen gehört, die sich bemüht haben, ausführlich auf die gestellten Fragen einzugehen. [ http://www.abgeordnetenwatch.de/stefan_schwartze-778-78475--f447708.html#q447708 ] Ich hoffe immer noch auf eine Antwort auf meinen offenen Brief an Ihn [ https://www.facebook.com/notes/norbert-zillatron/mail-an-stefan-schwartze-spd-fsfj/1681580875417178 ]. Könnten Sie meine Argumentation widerlegen?
Zu den Expertenmeinungen habe ich noch eine weitere Frage: Ist es angemessen, Ihnen andeutungsweise empfohlen wird, uns zu ignorieren?
"Ich möchte Sie alle warnen, als Politiker das Thema überhaupt "anzufassen", ... "
[ http://www.bundestag.de/blob/402716/5f5d22a82183f505eeec6cb7e6309e4b/50--sitzung_11-01-2016_wortprotokoll-data.pdf S.20/21]
Mit freundlichem Gruß,
Norbert "Zillatron" Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.
„Rauchen kann töten, Dampfen sehr wahrscheinlich auch“ waren meine Worte zu Beginn des Absatzes über die gesellschaftlichen Kosten des Rauchens und Dampfens. Es ist unbestritten, dass das aktive Rauchen und Dampfen sehr wahrscheinlich zu schweren und schwersten Krankheiten führen kann, die im Vergleich zu Nichtrauchern/-dampfern dann in einem höheren Prozentsatz zum Tode oder einem früheren Tod führen. Meine primäre Quelle waren die eingeladenen Sachverständigen, da sie am ehesten den Überblick über den wissenschaftlichen Diskurs besitzen. Ein paar Auszüge aus den Stellungnahmen der Sachverständigen:
Deutsches Krebsforschungszentrum
„Da es für ein Gemisch verschiedener Kanzerogene, wie es im Aerosol auch von nikotinfreien E-Zigaretten vorliegt, keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dessen dieses unbedenklich wäre, ist auch die geringe Menge an Kanzerogenen im Aerosol elektronischer Zigaretten und elektronischer Shishas als bedenklich zu bewerten.“
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
„Die DGP hat im März 2014 zusammen mit mehreren Fachgesellschaften (u.a. Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Deutsche Krebsgesellschaft, Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie) in ihrem Positionspapier vor dem vermeintlich harmlosen Konsum von elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) gewarnt und den gesetzlichen Schutz besonders von Kindern und Jugendlichen gefordert. Darin haben wir auch darauf hingewiesen, dass bereits zahlreiche akute Auswirkungen von E-Zigaretten - nicht nur von Nikotin - auf die Gesundheit wissenschaftlich nachgewiesen sind und dass Studien zu Langzeiteffekten jedoch noch nicht vorliegen können (die Geschichte des Tabakkonsums hat gelehrt, dass es bis zu Jahrzehnten dauern kann, bis die gesundheitlichen Gefahren erkannt und daraus Konsequenzen gezogen werden).“
Bundesinstitut für Risikobewertung
„Unabhängig vom Nikotingehalt bergen nikotinfreie E-Zigaretten gesundheitliche Risiken, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene. Neben dem toxikologischen Gefährdungspotential der bekannten Inhaltsstoffe, bestehen aus Sicht der Risikobewertung erhebliche Unsicherheiten bezüglich der Zusatzstoffe und Additive, die bereits in nikotinfreien E-Zigaretten eingesetzt werden und in der Zukunft eingesetzt werden können.“
Darüber hinaus kam auch die Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes zu dem Schluss, dass vom Gebrauch von E-Zigaretten wegen bereits nachgewiesener negativer Gesundheitseffekte dringend abzuraten sei.
Selbst der Bündnis für tabakfreien Genuss e.V. bezweifelt nicht die Schädlichkeit des Dampfens. Denn auch eine 95 Prozent geringere Schädlichkeit des Dampfens bezieht sich auf das Rauchen, nicht auf das Nichtrauchen/-dampfen.
Eine andere Frage ist die nach den Gefahren durch das Passivdampfen. Auch hierzu haben sich einige Sachverständige geäußert. Diese waren aber nicht Bestandteil der gesetzlichen Neuregelung zum Jugendschutzgesetz. Herr Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Berlin) hat in der Öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestages zum Passivdampfen Folgendes gesagt: „In der Zwischenzeit sind noch weitere wissenschaftliche Belege über die gesundheitlichen Gefahren der E-Zigarette, auch der nikotinfreien, hinzugekommen. Auch wurde nachgewiesen, dass die Innenraumluft durch Emissionen von E-Zigaretten belastet werden und damit zum Passivdampfen Dritter führen kann.“
Damit bezog er sich, wie auch das Deutsche Krebsforschungszentrum, auf die Studie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Dieses hat im Abschlussbericht zur Pilotstudie zur Exposition gegenüber E-Zigaretten und Shiazo-Wasserpfeifen – Innere Exposition von Rauchern und Rauchbelastung eines Innenraums aus dem Oktober 2013 festgestellt, dass beim Gebrauch einer elektrisch betriebenen Shisha mit Dampfsteinen organische Verbindungen, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (möglicherweise krebserzeugend), Formaldehyd (krebserzeugend), Acetaldehyd (möglicherweise krebserzeugend), Glyzerin und Propylenglykol (atemwegsreizend) freigesetzt werden.
Das sogenannte Memorandum des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Aktionsbündnisses Nichtrauchen e.V. fordert explizit ein Verwendungsverbot von E-Zigaretten und E-Shishas in Nichtraucherbereichen. Zu den Unterzeichnern dieses Memorandums gehören unter anderem die Bundesärztekammer, die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Hartmannbund und viele mehr.
In der Tat gibt es derzeit noch keine Langzeitstudien zu den Gefahren des Dampfens. Dies liegt aber vielmehr an der kurzen Existenz der E-Inhalationsprodukte als an ihrer Ungefährlichkeit. Ich zweifele nicht an deren Erfahrungen und Fachwissen der Expertinnen und Experten bezüglich der Gefahr für die Gesundheit. Gerade in Hinblick auf die Funktionsweise von E-Zigaretten und E-Shishas ist es auch meiner Ansicht nach nur schwer vorstellbar, dass Carbonylverbindungen, Formaldehyd und andere kanzerogene Stoffe als Bestandteile des Aerosols keine Gesundheitsgefahr für den Dampfenden darstellen.
Expertinnen und Experten sind in ihren Meinungsäußerungen genauso frei, wie Abgeordnete oder Bürgerinnen und Bürger. Expertinnen und Experten wurden eingeladen, um genau diese zu äußern. Welche Auffassungen und Meinungen von Abgeordneten aufgegriffen werden, hängt dann wie bei allen existierenden Meinungen von der argumentativen Begründung ab.
In meiner Rede ging es um die Neuregelung zum Jugendschutzgesetz. Um Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Aktivdampfens und möglichen Gefahren des Passivdampfens zu schützen, halte ich ein Verbot des Dampfens in Nichtraucherbereichen auch bei noch fehlenden Studien für absolut notwendig und aus Rücksichtnahme gegenüber nichtdampfenden Menschen für angemessen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Koob, MdB