Was sagen sie zum Verhalten von Volker Wissing und wie positionieren sie sich zum Thema Tempolimit?
Sehr geehrte Frau M.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Tempolimit und Ihrer Frage zu meiner Einschätzung von Minister Wissings Politik.
Für mich ist Technologieoffenheit keine Verhandlungssache, sondern der Schlüssel zum Erfolg beim Thema Dekarbonisierung. Unsere Wirtschaft und Gesellschaft im Allgemeinen, sowie unser Verkehrssektor im Speziellen, werden in den kommenden Jahren eine umfassende Transformation durchmachen müssen. Dabei ist es wichtig, dass wir als Politik den richtigen Rahmenbedingungen schaffen, um unsere Ziele zu erreichen. Neben einem technologieneutralen Ansatz, bin ich ebenso der Meinung, dass es statt Verbote eher Anreize braucht, um den Markt für bestimmte Lösungen vorzubereiten. Das gilt sowohl für das Verbrennerverbot, wie auch für ein Tempolimit. Ideologiegetriebene Verbote wie die Dauerbrenner-Debatte um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, halte ich daher für die falsche Strategie. An Gefahrenstellen oder z.B. aus Gründen des Lärmschutzes kann bereits heute die Geschwindigkeit beschränkt werden - und das ist auch gut so. Dort wo keine Gefahr vorherrscht, muss die Geschwindigkeit nicht künstlich beschränkt werden.
Des Weiteren werfen Sie die Frage auf zu meiner Einschätzung von Minister Wissings Politik. Auch wenn ich hinsichtlich der Debatte rund um das Thema CO2-Flottengrenzwerte ebenfalls eine technologieneutrale Lösung gefordert habe, so gibt es zwei Gründe, die mich an seiner Politik kritisch stimmen.
Zum einen muss am Verfahren Kritik geübt werden. Sowohl innerhalb der Verhandlungen zur Ratsposition, als auch im Trilog, hätte man sich viel früher für eine technologieoffene Lösung stark machen müssen. Die FDP hat früh viel versprochen, aber dann lediglich einen nicht rechtlich bindenden Erwägungsgrund abgeliefert. Im Anschluss zu verkünden, dass die EU-Kommission aufgrund des Erwägungsgrundes ihrer Arbeit nicht nachgekommen sei, grenzt an Schizophrenie. Der Text war aufgrund der fehlenden Abstimmung noch nicht rechtsbindend - also kam es auch zu keinem Arbeitsauftrag an die Kommission, zu prüfen wie eFuels auch nach 2035 noch eingesetzt werden könnten.
Nicht nur offenbarte die Haltung der FDP Risse in der Haltung der deutschen Regierung, sondern unterwanderte ebenfalls den Gesetzgebungsprozess. Es ist fraglich, ob Deutschland in Brüssel mit einer Stimme auftreten kann und inwiefern man sich in Zukunft auf beschlossene Texte und Einigungen verlassen kann. Vor allem in Sachen Verlässlichkeit und Vertrauen ist auf dem Brüsseler Parkett unter den Mitgliedstaaten viel Porzellan zerschlagen worden. Das sehe ich als äußerst kritisch auch für die zukünftige Zusammenarbeit auf Ratsebene an.
Zum zweiten habe ich erhebliche Zweifel an dem Erfolg, den die FDP und Verkehrsminister Wissing nun hinsichtlich eFuels zelebrieren. Auch wenn die Kommission aufgrund der Blockade Wissings verspricht legislativ, z.B. mit einem delegierten Rechtsakt, nachzulegen, so ist die Messe in Sachen eFuels alles andere als gelesen. Sofern Minister Wissing, dass ‚Ein mal Eins‘ der europäischen Gesetzgebung verstanden hat, so müsste er wissen, dass sowohl der Rat als auch das Parlament grünes Licht für einen delegierten Rechtsakt geben müssen. Das ist alles andere als ein Selbstläufer und garantiertes Erfolgsrezept für eFuels. Gerade Wissings Koalitionspartner werden in Brüssel die ersten sein, die gegen einen solchen delegierten Rechtsakt stimmen. Und nicht zuletzt die Risse innerhalb der Ampel-Regierung lassen Zweifel aufkommen, ob auch wirklich alle hinter der Einigung stehen. Angesichts des weißen Rauchs der derzeit aus der Kommission kommt, müssen wir hier ganz genau aufpassen, dass am Ende aus Timmermans Feder kein fauler Kompromiss fälschlicherweise als Feldzug für Technologieneutralität verkauft wird. Der Teufel wird hier im Detail stecken.
In der Hoffnung, Ihnen hiermit meine Position näher dargelegt zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP