Warum sträubt sich die CDU/CSU, so permanent gegen den Ausbau der Schiene und des ÖPNV
Sehr geehrter Herr Ferber,
wir brauche in der Zukunft nicht mehr, sondern weniger Verkehr. Wie stehen Sie dazu?
Sehr geehrter Herr K.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Ausbau des Schienennetzes und Förderung des ÖPNV.
Bis 2050 möchte die EU zum klimaneutralen Kontinenten avancieren. Um dieses ambitioniert Vorhaben zu erreichen, müssen wir alle Sektoren unserer Wirtschaft auf den Wandel vorbereiten. Auch der Verkehrssektor wird sich dabei einer umfassenden Transformation gegenübersehen. Für mich ist klar: um den Verkehrssektor zu dekarbonisieren, müssen alle Optionen genutzt werden, die uns zur Verfügung stehen. Ein technologieoffener Ansatz ist für mich am erfolgversprechendsten, wenn es darum geht die Dekarbonisierung im Verkehrssektor zu erreichen. Als CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament setzen wir uns genau dafür ein.
Neben der Elektrifizierung der individuellen Mobilität, dem Ausbau des Netzes von Ladesäulen, sowie der erhöhten Verfügbarkeit von alternativen Treibstoffen, z.B. für die Flug- und Schifffahrt, ist es ebenfalls wichtig Multimodalität zu fördern. Nicht nur was den Passagierverkehr angeht, auch der Frachtverkehr kann von nachhaltigeren Lösungen stark profitieren. Ein wichtiges Signal in diesem Zusammenhang, ist der Umstieg von der Straße auf die Schiene. Damit dieser gelingt, muss die Schiene so attraktiv wie möglich gemacht werden. Anstelle von Verboten, plädiere ich vielmehr dafür klimafreundliche Alternativen attraktiver zu machen und die richtige Anreizstruktur zu etablieren.
Die richtige Anreizstruktur ist meiner Meinung nach vor allem im Gütertransport und der Etablierung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums notwendig. Laut der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) ist der grenzüberschreitende Verkehr der schwächste Punkt des EU-Bahnsystems, da immer noch ein europäischer Flickenteppich im grenzüberschreitenden Bereich existiert. Unübersichtliche Vorschriften, divergierende Vorgaben und verlängerte Wartezeiten an der Grenze sorgen letztlich dafür, dass die Schiene vor allem im Frachtverkehr nicht mit der Straße mithalten kann. Die Zukunft des Schienengüterverkehrs ist vor allem auf der Langstrecke. Entsprechend müssen eben jene bürokratischen Flaschenhalse beseitigt werden, um sowohl nachhaltige als auch wettbewerbsfreundliche Perspektiven für den Schienengüterverkehr zu schaffen. Potenziale der Digitalisierung, wie z.B. im Schienenverkehr mit der digitalen Güterabwicklung und Kupplung sollten von Vorzeigeprojekten zum neuen Standard werden.
Derzeit befindet sich die Verordnung über transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) in der Überarbeitung. Für den Aufbau einer nachhaltigen Mobilität spielt sie eine entscheidende Rolle. Mit einer verbesserten europäischen Konnektivität kann der grenzüberschreitende Verkehr an den Hauptverkehrsadern Europas ausgeweitet und signifikant verbessert werden. 75 % des Güterbinnenverkehrs werden derzeit auf der Straße abgewickelt. Damit ein erheblicher Teil auf die Schiene verlagert wird, kann die TEN-V Verordnung ebenfalls helfen, indem das Verkehrsnetz ausgeweitet wird, umfassende Investitionen in Knotenpunkte getätigt, grenzübergreifende Interoperabilität verbessert, Wartezeiten an den Grenzen verkürzt oder multimodale Frachtterminals gefördert werden. Im zweiten Quartal des Jahres wird ebenfalls ein nachhaltiges Frachtpaket der Kommission erwartet. Vor allem hinsichtlich der Richtlinie zum Kombinierten Verkehr erwarte ich weiteres Potenzial zur Attraktivitätssteigerung der Schiene. Kurzum, vor allem auf der Langstrecke und im Güterverkehr muss die Schiene attraktiver gemacht werden.
Gleichwohl muss bei jeglicher Transportpolitik auf Ausgewogenheit und Verhältnismäßigkeit geachtet werden. Gerade im ländlichen Raum sind vielerorts die Schienen- oder gar ÖPNV-Kapazitäten begrenzt verfügbar. Individuelle Mobilität sollte daher auch in solchen Bereichen nachhaltig gestaltet werden, die schwieriger zu erreichen sind. In diesem Zusammenhang sind Möglichkeiten hinsichtlich der E-Mobilität oder durch alternative Kraftstoffe ein wichtiger Schritt, um auch im Übergang die Dekarbonisierung des Verkehrssektors zu fördern.
In der Hoffnung, Ihnen hiermit behilflich gewesen zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP