Darf es für Klimaschutz Zumutungen für wenige geben?
Sehr geehrter Herr Ferber,
es wird für die Bevölkerung Zumutungen geben werden, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.
Wird weiterhin statt Ordnungspolitik auf einen Emissionshandel gesetzt, sollte es dann nicht Maßnahmen geben, damit Menschen, die überproportional viel CO2 ausstoßen, auch beim Klimaschutz mitmachen?
Ein Beispiel könnte sein, dass man allen Privatjets die Start- und Landegenehmigung in der EU entzieht, solange diese CO2 ausstoßen. Dies hätte zwar nur Symbolcharakter, würde allerdings der Bevölkerung zeigen, dass alle mitmachen müssen und sich nicht mit Geld rauskaufen können.
Wie stehen Sie dazu? Die gleichen Personen können es sich auch leisten, in klimaneutrale Flugzeuge zu investieren.
Sehr geehrter Herr K.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Klimaschutz.
Sie sprechen mit Ihrer Nachricht die Klimaziele der EU an. Bis 2050 möchte die EU zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Damit diese Zielsetzung Realität wird, müssen wir unsere Gesellschaft und Wirtschaft umstellen und umfassend dekarbonisieren. Der von Ihnen angesprochene Verkehrssektor spielt dabei eine entscheidende Rolle. Gerade im Bereich der Schiene und auf der Straße haben wir viele Möglichkeiten, um CO2 einzusparen indem wir auf Elektromobilität oder alternative Antriebe setzen. In anderen Sektoren, wie in der Luft- oder Schifffahrt, sieht die Lage anders aus, da diese deutlich schwerer zu dekarbonisieren sein werden. Gerade hier sind gibt es eine Vielzahl an Maßnahmen, die wir treffen müssen, um zu erreichen, dass auch diese Sektoren effektiv dekarbonisiert werden.
Sie sprechen in Ihrer Nachricht die Option an, die Start- und Landegenehmigung von Privatjets zu entziehen, um CO2 Emissionen einzusparen. Wie in vielen anderen Politikbereichen, bin ich der Überzeugung, dass wir mit klugen Anreizsystemen statt mit Verbotspolitik arbeiten sollten. Denn in einem Punkt stimme ich ganz klar mit Ihnen überein: die Luftfahrt muss ihre CO2-Emissionen massiv senken, damit wir unsere Klimaziele erreichen können. Eine Energiewende am Himmel muss mehr als nur ein Slogan sein, sondern tatsächlich in die Tat umgesetzt werden. Ein Faktor, der eine wichtige Rolle spielen wird, ist der Hochlauf der SAF-Produktion. SAF (Sustainable Aviation Fuels), sind Biokraftstoffe, die ohne Probleme dem fossilen Treibstoff beigemischt werden können ohne dass Triebwerke nachgerüstet werden müssen. Wichtig für den Hochlauf ist, dass sowohl die Kosten gesenkt, als auch die Verfügbarkeit vergrößert wird. Auch Power-to-Liquid-Kraftsoffe (PtL), die aus Wasserstoff und dem CO2 der Umgebungsluft hergestellt werden, sind eine weitere Technologie, die in den kommenden Jahrzehnten das Potenzial haben zur Dekarbonisierung des Luftverkehrs beizutragen. Darüber hinaus arbeitet die Branche zurecht an moderneren und emissionsärmeren Antriebsmöglichkeiten, um die Flugzeuge effizienter zu machen. Darüber hinaus könnte auch ein einheitlicher Luftraum einen immensen Beitrag zur CO2-Reduktion beitragen. Das Gesetzgebungsverfahren zu diesem Unterfangen, welches auch als Single European Sky (SES) bekannt ist, könnte den CO2-Ausstoß des Luftfahrtsektors durch eine deutlich effizientere Nutzung des Luftraums um ein Vielfältiges reduzieren. Die Kommission schätzt die möglichen CO2-Einsparungen je Flug durch SES auf bis zu 12% ein. Single European Sky bedeutet also nicht nur Kosten- und Zeiteinsparungen für die Flüge, sondern auch signifikante CO2-Einsparungen. Durch direkte Flugwege könnte der CO2-Ausstoß um etwa 4,8 Millionen Tonnen pro Jahr gesenkt werden - eine wie ich finde nicht unerhebliche Summe.
Wichtig ist also, dass wir gerade in den oben aufgeführten Bereichen Fortschritte erzielen und zügig vorangehen. Darüber hinaus muss ebenfalls sichergestellt sein, dass entsprechende Forschung- und Entwicklung in diesem Bereich Fortschritte erzielen. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit der Marktwirtschaft, Technologieneutralität und der richtigen Anreizstruktur wichtige Impulse für die Dekarbonisierung des Luftverkehrs entfalten können und als Modellregion für andere Regionen zeigen können wie ein nachhaltiger Verkehr auch wettbewerbsfähig sein kann.
In der Hoffnung, Ihnen hiermit meine Perspektive näher dargelegt zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber