Frage an Markus Ferber von Michael H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ferber,
Vorab ein Dankeschön, dass Sie sich die Zeit nehmen die Fragen der Bürger sehr zeitnah zu beantworten.
Ihren Antworten entnehme ich, dass sie eine Ablehnung des Antrages von Herrn Gauweiler bzgl. des Vertrages von Lissabon durch das Verfassungsgericht begrüßen würden. Diese Meinung steht Ihnen als MdEP sicher auch zu.
Meine persönliche Meinung ist genau entgegengesetzt. Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht dem Antrag stattgeben wird und das Abkommen als verfassungswidrig bestätigt.
Sie führen an, dass die CSU "generell für eine stärkere Bürgerbeteiligung ist" und sie sich "Referenden über die Änderung der EU-Grundlagenverträge vorstellen können", was aufgrund einer notwendigen Grundgesetzänderung aber "kein einfacher Vorgang wäre".
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wird ständig geändert, also kann es so schwer nun auch nicht sein, vor allem wenn es die Rechte der Bürger stärken oder bestätigen würde. Sie müssten es mal versuchen, ansonsten sind Ihre Worte nur Lippenbekenntnisse.
Artikel 146 GG
"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."
Ich bitte Sie, bezugnehmend auf o.a. Artikel, um Ihre persönliche Stellungnahme bzgl. der folgenden Fragen:
1. Ist die deutsche Einheit vollendet?
2. Ist Deutschland frei?
3. Falls (1) und (2) mit ja zu beantworten sind, warum durfte das deutsche Volk bis jetzt nicht in freier Entscheidung über eine eigene Verfassung bestimmen?
4. Warum wurde stattdessen versucht, eine EU-Verfassung zu schaffen, über die das deutsche Volk und viele andere Völker eben *nicht* in freier Entscheidung bestimmen dürfen?
5. Glauben Sie, dass das deutsche Volk dem Lissabon-Vertrag zustimmen würde, wenn es gefragt würde? Und worauf begründen Sie Ihre Antwort?
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Höhne
Sehr geehrter Herr Höhne,
vielen Dank für Ihre Fragen über Abgeordnetenwatch zum Vertrag von Lissabon sowie Änderungen im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworten möchte. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass ich Ihre Frage 5 zum Abstimmungsverhalten der deutschen Bevölkerung nicht beantworten werde, da ich hier keine abschließende Einschätzung vornehmen kann.
Entgegen Ihrer Aussage wird das Grundgesetz in Deutschland nicht "ständig geändert". Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundesrat und Bundestag notwendig, die nicht so einfach herzustellen ist.
Außerdem soll der Vertrag von Lissabon nicht - quasi als eine einheitliche EU-Verfassung - die bestehenden nationalen Verfassungsregelungen ersetzen. Die behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Der Reformvertrag vermeidet auch bewusst die Worte "Verfassung" und "Verfassungsvertrag", da eben gerade kein europäischer Verfassungsstaat gegründet werden soll. Mit dem Vertrag von Lissabon werden lediglich die Aktivitäten und Tätigkeiten der Mitgliedstaaten dort ergänzt, wo die einzelnen Länder alleine ihre Ziele nicht verwirklichen können. Was die Zustimmung der europäischen Bevölkerung zu Änderungen an EU-Grundlagenverträgen angeht, sieht das europäische Recht allerdings kein europaweites Referendum vor. Daher wird der Vertrag nach den jeweiligen Bestimmungen des nationalen Verfassungsrechts ratifiziert.
Ich hoffe sehr, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP