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Markus Ferber
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Frage von Hans B. •

Frage an Markus Ferber von Hans B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Ferber

Im gegensatz zu einigen Politiker habe ich mir die Mühe gemacht den Reformvertrag zu lesen um dann fest zu stellen das dies in wahrheit die Abgelehnte EU Verfassung ist.
Hat man ihn deshalb über die Köpfe der meisten Menschen hin weg entschieden?
Warum wurde von seiten der Poitik keine aufklährung betrieben?
Vieleicht darum um besser begründen zu können das die Bevölkerung keine ahnung von solchen Dingen hätte?
wie stehen sie eigendlich hier zu?
Im EU-Reformvertrag (Grundvertragswerk) hiess es im Artikel II-62:
“Recht auf Leben”

(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

In der Schlussakte hiess es dann aber:

Erläuterung Titel I “Recht auf Leben”

(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK* :

“Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um…

b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.”

b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK*:

“Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen,die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden…”

Die erlaubnis also die Todesstrafe durch die Hintertür einzuführen zu dürfen...so..so.. sehr intressant das ganze..

Erklähren sie mir mal bitte Punkt B und C!

Und da möchte ich kein EU wischi waschi geschwafel hören sondern genau das was dort im EU Reformvertrag geschrieben steht.

Oder sind sie dazu nicht in der Lage?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Blenser,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch. Ihre Aussagen sind allerdings nicht ganz zutreffend, weshalb ich mir erlaube, diese richtig zu stellen.

Die von Ihnen zitierte Stelle findet sich in Artikel 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Diese war als Teil II im gescheiterten Vertrag über eine Verfassung für Europa enthalten. Der Text der Grundrechtecharta ist allerdings nicht mehr explizit Teil des Vertrags von Lissabon, durch einen Verweis in Artikel 6 erlangt die Charta aber Rechtsverbindlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten. Artikel 2, Absatz 1 der Grundrechtecharta garantiert dabei das Recht auf Leben, Artikel 2, Absatz 2 bestimmt ausdrücklich die Abschaffung der Todesstrafe ("Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden").

Zusätzlich zu dieser Charta gibt es Erläuterungen der einzelnen Artikel, die allerdings keinerlei Rechtswirkung haben, sondern in erster Linie den historischen Werdegang der entsprechenden Bestimmung darstellen sollen. In den Erklärungen zu Artikel 2 der Grundrechtecharta findet sich der von Ihnen angeführte Verweis auf das Protokoll Nr. 6 der "Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" (EMRK). Artikel 2 dieses Protokolls bringt zwar zum Ausdruck, dass in Kriegszeiten die Mitgliedstaaten des Europarates (nicht der EU) das Recht hätten, von der Todesstrafe Gebrauch zu machen. Dies ist aber zu keinem Zeitpunkt geschehen. Zudem ist der Hinweis auf das 6. Zusatzprotokoll mittlerweile überholt, da seit 1. Juli 2003 das 13. Zusatzprotokoll zur EMRK in Kraft ist, womit die Todesstrafe vollständig, sprich sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten abgeschafft wurde. Dieses Protokoll wurde von allen 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert. Der veraltete Verweis auf das 6. Zusatzprotokoll ist noch in der Europäischen Grundrechtecharta enthalten, da diese bereits 2000 verabschiedet wurde.

Außerdem erlaubt der von Ihnen zitierte Artikel 2 Absatz 2 der EMRK nicht die Todesstrafe, sondern er beinhaltet die Zulässigkeit von Notwehr, respektive Gefahrenabwehr mit Todesfolge. Hier besteht durchaus ein erheblicher Bedeutungsunterschied.

Ihre Sorge, dass mit dem Vertrag von Lissabon die Todesstrafe eingeführt werden soll, ist damit wirklich völlig unbegründet und ich hoffe sehr, dass ich Ihnen Ihre Bedenken nehmen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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