Frage an Markus Ferber von Christoph K. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Ferber,
ich freue mich über Ihre hier dargelegte positive Einstellung zu einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, mit einer guten Begründung auf eine europaweite Einführung zu drängen:
Hilfspakete und Wiederaufbaufonds darf es nur mit einem reellen Tilgungsplan geben!
Egal in welcher Form man Euro aus Schulden auf den Markt werfen wird, um die am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln - dazu MUSS ein Plan gehören, wie diese Zusatzschulden GETILGT werden können. Sonst wird eine gigantische Schuldenunion die ständig weitere ungedeckte Schecks ausstellt Realität.
Für den EU-Aufbauplan bietet sich jetzt die einmalige Gelegenheit, in der Krise eine europaweite Finanztransaktionssteuer einzuführen, die auch greift:
Ein kleiner Promillesatz, aber auf ALLE Börsengeschäfte, besonders den Hochfrequenzhandel bei gleichzeitigem Verbot außerbörslicher Wertpapiergeschäfte. Damit kann man in 10 Jahren die angekündigten 750 Mrd € + Zinsen wieder hereinholen.
Und längerfristig hätte der EU-Haushalt dann eine eigene Finanzierungsquelle, die Ausgaben zum Wiederaufbau würden absehbar getilgt, und die Finanzwelt (die es nur mit funktionierender Wirtschaft überhaupt gibt) wäre an den Kosten beteiligt (was nach der Finanzkrise ja leider nicht gelungen ist!)
Glauben Sie, dass eine Mehrheit der deutschen Wähler/innen einer derart großen Kreditaufnahme ohne glaubhaften Tilgungsplan zustimmen werden oder würde das EU-Parlament sich mit Luftbuchungen und weiterem endlosen Gelddrucken nicht eher unglaubwürdig machen?
Welche nächsten Schritte sind aus Ihrer Sicht nötig, damit aus dieser guten Idee zur EU-Finanzierung auch Realität wird ?
Viele Grüße aus Bayern,
C. K.
PS: Schade übrigens, dass Ihr Kollege Manfred Weber offenbar keinen Wert auf direkten Bürgerkontakt in diesem Forum legt. Und peinlich für das EU-Parlament, dass es nicht selbst eine solche Kontaktplattform für seine Bürger errichtet hat.
Sehr geehrter Herr Kuppe,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zur Finanztransaktionssteuer.
Ich teile Ihre Sorge hinsichtlich der Debatte um einen Fonds zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft. Viele der Vorschläge sind de facto nicht seriös gegenfinanziert und die Frage, wie die Rückzahlung der Schulden erfolgen soll, bleibt oftmals unbeantwortet oder zumindest zu vage.
Eine Finanztransaktionssteuer könnte vor diesem Hintergrund ein interessantes neues Eigenmittel sein. Sie muss aber richtig ausgestaltet sein. Das bedeutet: breite Basis, niedrige Sätze und ein europaweit harmonisierter Ansatz. Die jüngsten Vorschläge des Bundesfinanzministers waren diesbezüglich leider nicht sehr hilfreich.
Das Europäische Parlament hat sich bereits mehrfach klar für eine Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Dass es bei diesem Thema trotzdem nicht vorangeht, liegt einzig und allein an den Finanzministern der EU-Mitgliedstaaten, die in Steuerfragen einstimmig entscheiden und eine ambitionierte europaweite Finanztransaktionssteuer bisher verhindert haben. Auch diejenigen Mitgliedsstaaten die grundsätzliches Interesse an der Einführung einer Finanztransaktionssteuer haben, haben sich im Rahmen der so genannten verstärkten Zusammenarbeit bisher nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können.
Angesichts dieser Gemengelage sind derzeit klar die Mitgliedstaaten in der Bringschuld und eigentlich sollte es im Interesse aller Mitgliedstaaten sein, für eine solide Finanzierung des Wiederaufbauplans einzutreten, damit man nicht in einigen Jahren vor unbezahlten Rechnungen steht. Gerade diejenigen Mitgliedstaaten, die sich ohnehin skeptisch gegenüber einem Wiederaufbaufonds mit großem Volumen gezeigt haben, sollten sich eigentlich offen für klug ausgestaltete neue Eigenmittel zeigen.
Da die Beratungen über den mehrjährigen Finanzrahmen, den Wiederaufbauplan und dessen Finanzierung aller Voraussicht nach in der deutschen Ratspräsidentschaft in die heiße Phase gehen werden, würde ich mir wünschen, dass die Bundesregierung die Frage einer glaubwürdigen Finanzierung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Dazu sollten auch Bemühungen hin zu neuen Eigenmitteln und damit zu einer realistischen Finanztransaktionssteuer eine Rolle spielen. Das Europäische Parlament wird in dieser Frage jedenfalls eine konstruktive Rolle einnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber