Frage an Markus Ferber von Kube G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Ferber!
Als langjähriger Griechenlandbereisender höre und lese ich immer wieder von namhaften griechischen Regierungsmitgliedern, fast schon gebetsmühlenhaft, die Forderung an Deutschland nach Schadenersatz für Schäden, die Deutschland Griechenland im 2. Weltkrieg zugefügt hat.
Dass dem so war, wird ja überhaupt nicht bestritten und soll auch nicht relativiert werden. Jedoch ist zu fragen, wie viele Milliarden Euro Griechenland aus EU-Töpfen bisher erhalten hat (meines Wissens sind es bis zu 8 solcher Töpfe, angefangen bei den Strukturhilfemaßnahmen über Beihilfen zur Landwirtschft, Fischerei, Tourismusentwicklung etc.,etc.) und wie viele Milliarden DM/Euro in diesen Staat bisher seit dem Ende des Krieges über den Tourismus geflossen sind (tausende Arbeitsplätze konnten damit finanziert werden)
Dabei ist Deutschland doch der größte Nettobeitragszahler der EU.
Mich nervt dieses ewige Lamentieren griechischer Politiker nur noch.
Seit vielen Jahren stelle ich fest, dass Griechenland mit EU-Geldern regelrecht zugeschüttet wird, und dass der Staat überhaupt nicht mehr weiß, wohin mit den Geldern. Dann mussten wir auch noch mit ansehen, wie die Griechen das Goethe-Institut in Athen vor einigen Jahren schließen und pfänden wollten - zum Glück ist das ja abgewendet worden. Die Summe der Gelder, die bisher nach Griechenland geflossen sind, übersteigt mit Sicherheit die Summe, die Israel vom deutschen Staat, noch unter Adenauer, als sog. Wiedergutmachung (ein schreckliches Wort) erhalten hat.
Wer vom europäischen Parlament macht das den Griechen endlich einmal deutlich?
Mit freundlichen Grüßen
Günther Kube
Sehr geehrter Herr Kube,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die mir über Abgeordnetenwatch übermittelt wurde. Sehr gerne antworte ich Ihnen darauf. Ich nehme an Sie beziehen sich bei Ihren Ausführungen zu Schadensersatzforderungen aus Griechenland auf einen Fall, der am 26.06.2003 vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe abschlägig entschieden wurde (Aktenzeichen III ZR 245/98):
Die Kläger, ein in Zürich lebender Grieche und seine drei Schwestern, verklagten die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz, weil sie durch ein von SS-Soldaten angerichtetes Massaker zu Waisen wurden. Der Bundesgerichtshof entschied, dass sowohl nach aktueller, als auch nach der im konkreten Fall anzuwendenden Rechtslage von 1944, weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Deutsche Reich gegenüber Forderungen von Privatpersonen haftbar gemacht werden können.
Am 10. Juni 1944 hatte eine in die Wehrmacht eingegliederte Einheit der SS als Vergeltung für einen Partisanenangriff das griechische Dorf Distomo niedergebrannt und die rund 300 Bewohner auf teilweise bestialische Weise ermordet. Der BGH betonte, dass der Massenmord eines der schlimmsten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges gewesen sei. Aber aus rechtlicher Sicht stünden den Hinterbliebenen keine Schadensersatzansprüche zu. Deutschland hat bereits im Jahr 1960 115 Millionen Mark zur Entschädigung der Kriegsfolgen an Griechenland bezahlt. Außerdem, und dies wurde auch vom BGH in seiner Urteilsbegründung so dargelegt, hat der 1990 unterzeichnete "Zwei-plus-Vier-Vertrag" eine abschließende Regelung der Kriegsfolgen zum Ziel gehabt und damit das Londoner Schuldenabkommen aus dem Jahr 1953 aufgehoben.
Die Kläger hatten im Vorfeld von griechischen Gerichten Recht bekommen und Schadensersatz in Höhe von 23 Millionen Euro zugesprochen bekommen. Aus völkerrechtlichen Gründen, konnten diese Forderungen aber in Deutschland nicht geltend gemacht werden. In der Folge wurde versucht deutsches Vermögen in Griechenland zu pfänden, aber die griechische Regierung verhinderte dies.
Ich schließe mich Ihrer Meinung an, dass Griechenland durch seine Mitgliedschaft in der Europäischen Union während der vergangenen Jahrzehnte stark profitieren konnte. Noch heute machen europäische Transferzahlungen einen gewichtigen Posten im griechischen Haushalt aus: Allein im Haushaltsjahr 2006 flossen mehr als sechs Milliarden Euro von Brüssel nach Athen, hauptsächlich im Rahmen der Struktur- und Agrarpolitik. Zu den Einnahmen aus dem Tourismus in Griechenland müssen die statistischen Ämter vor Ort Auskunft erteilen. Aber die Vermutung sei gestattet, dass der Anteil dieses Sektors am Bruttoinlandsprodukt des Landes deutlich höher ausfallen dürfte als in Deutschland.
Dennoch gilt es die Dinge differenziert zu betrachten: Die griechische Regierung unterstützt die Schadensersatzforderungen der Einzelkläger nicht, sondern hat sich in besagtem Fall gegen die eigene Justiz gestellt und die angedrohten Pfändungen am Goethe-Institut in Athen unterbunden.
Der richtige Weg um in diesen Fragen zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen liegt im Dialog: Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung den Partnern in Athen dabei auch künftig hart in der Sache, aber verbindlich im Ton gegenübertreten wird.
Wie Sie selbst schreiben schätzen Sie Land und Leute sehr und machen dort seit Jahren Urlaub. Deshalb ermuntere ich Sie: Sprechen Sie auf Ihren Reisen direkt mit den Menschen denen Sie dort begegnen. Versuchen Sie deren Standpunkte zu verstehen und ihnen Ihre Sicht der Dinge darzulegen. Europa lebt vom Austausch zwischen seinen Bürgern.
Abschließend erlaube ich mir noch Sie auf einige Internetseiten hinzuweisen, auf denen Sie noch mehr Auskünfte rund um den Haushalt der Europäischen Union und die Transferzahlungen an Griechenland erhalten:
- Europäische Kommission, Finanzplanung und Haushalt: http://ec.europa.eu/budget/index_de.htm
- Europäische Kommission, Regionalpolitik: http://ec.europa.eu/regional_policy/funds/cf/index_de.htm
- Europäische Kommission, Finanzhilfen der EU: http://ec.europa.eu/grants/index_de.htm
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüssen
Markus Ferber, MdEP