Frage an Markus Ferber von Gerhard K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ferber,
wann werden wir deutsche "entmündigte "EU-Bürger endlich mitbestimmen dürfen wenn es demnächst um die EU-Verfassung geht.Es kann doch nicht sein,daß die Bürger des größten EU-Landes "unmündig "dastehen ,wenn Entscheidungen anstehen ,die alle EU-Bürger gleichermaßen mitverantworten sollen.
Mit freundlichen Grüßen
G.Klimpel
Sehr geehrter Herr Klimpel,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die Sie über Abgeordnetenwatch an mich gerichtet haben. Gern bin ich bereit, Ihnen darauf zu antworten.
Vorab möchte ich klar stellen, dass ich ein deutlicher Befürworter eines europaweiten Referendums bin. Der Grundlagenvertrag stellt eine wesentliche und weitgehende Weichenstellung für die Zukunft der EU dar; ein europaweites Referendum würde die Legitimität dieses Vertrages stark erhöhen. Die europäische Identität würde deutlich gestärkt; ein europäischer öffentlicher Raum entstünde. Die jetzige Situation ist die größte Chance für ein positiveres Image, die die EU je hatte. Der allgemeinen Politikverdrossenheit und der fehlenden Transparenz könnte entgegengewirkt werden. Ein Referendum hätte großen europäischen Symbolwert. Es wäre eine einmalige Chance, um den Bürgern einen entscheidenden Schritt im europäischen Integrationsprozess deutlich und nachvollziehbar zu machen. Unsere Aufgabe als deutsche Politiker ist es, die Wahlbevölkerung zu überzeugen. So werden wir in die Pflicht genommen, für Europa zu kämpfen. Die Botschaft wäre: Wir trauen dem Volk eine solch weit reichende Entscheidung verantwortungsvoll zu.
Formal gesehen muss der europäische Grundlagenvertrag von allen 27 Mitgliedsstaaten nach den jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorgaben ratifiziert werden (Art. 48 EUV, Art. IV-8 neu des Verfassungsentwurfes). Jeder der 27 Staaten kann somit die Ratifizierung blockieren. Ein europaweites Referendum ist im europäischen Recht nicht vorgesehen.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik sieht für Fragen der europäischen Integration keine Volksabstimmungen vor. Nach Artikel 23 und 79 GG entscheiden Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit über Annahme oder Ablehnung des EU-Grundlagenvertrages. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen in den europäischen Mitglieds- und Beitrittsländern weisen erhebliche Unterschiede auf. In Staaten wie Irland oder Dänemark sind Referenden verpflichtend in der Verfassung festgeschrieben. In Großbritannien obliegt es der Regierung, ein rechtlich nicht bindendes Referendum zu initiieren.
Ein europaweites Referendum wurde im März 2003 durch 97 der 210 Mitglieder des EU-Konvents vorgeschlagen (CONV 658/03). Diesen Vorschlag habe ich massiv unterstützt und halte dies für einen Ansatz, der den Bürgern einen Einfluss auf diese essentielle Entscheidung sichert. Vielfach werden gegen dieses Vorgehen rechtliche Einwände erhoben.
Alternativ haben das Europäische Parlament und die Europäische Kommission vorgeschlagen, die nationalen Referenden europaweit zeitlich zu koordinieren. Diese Forderung unterstütze ich vollumfänglich. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen etwas weiter helfen und verbleibe
mit freundlichen Grüssen
Markus Ferber, MdEP