Frage an Markus Ferber von Dietmar S. bezüglich Gesundheit
Ich ringe mit dem Verständnis um zwei EU-Fakten im Bereich der Gefahrenminderung:
Fakt 1: Ab 1. September kann die Bevölkerung von Aachen kostenlos Jodtabletten beziehen - zum Schutz vor einem möglichen Unfall des belgischen Atommeilers Tihange. Fakt 2: Aufgrund einer EU-Regelung für Fidget Spinner kann ich als Erwachsener keine noch so hochwertigen Spinner aus den USA beziehen, weil sie kein EU-Zertifikat für Spielzeug haben. Wie erklärt sich die Diskrepanz: Die EU ist nicht in der Lage, ein Mitgliedsland dazu zu bekommen, Millionen Menschen vor der offenbar realen Gefahr radioaktiver Strahlung zu schützen, harmlose Produkte für Erwachsene indes werden mit einem Einfuhrstopp belegt, um Kinder zu schützen. Bei diesen Spinnern handelt es sich um teure, für Erwachsene entwickelte Geräte (kein Spielzeug für Kinder!), von denen die größte Gefahr ausgeht, wenn man sie wirft – sie sind in der Regel aus Metall.
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 9. August zum Thema Gefahrenminderung.
Die von Ihnen wahrgenommene Diskrepanz zwischen den Möglichkeiten der EU, vor den Gefahren der Atomkraft sowie vor den Gefahren bestimmter Spielzeuge zu schützen, ist darauf zurückzuführen, dass die Europäische Union in unterschiedlichen Politikfeldern sehr unterschiedliche Zuständigkeiten hat, die sich wiederum aus den europäischen Verträgen ergeben.
Im Bereich der Energiepolitik gilt, dass die Europäische Union beim Thema des Energiemixes, also bei der Frage mit welchen Energiearten die Mitgliedstaaten die Klimaziele erfüllen, keine Kompetenzen hat.
Im Bereich des Verbraucherschutzes hat die Europäische Union jedoch sehr umfassende Durchgriffsrechte - das gilt für alle Produktarten und insbesondere aber für Spielzeuge. Gemäß der EU-Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug müssen alle Kinderspielzeuge, die in der EU in Verkehr gebracht werden, grundsätzlich eine CE-Kennzeichnung tragen, die zertifiziert, dass das Produkt den geltenden Anforderungen des EU-Binnenmarktes genügt. Ohne den konkreten Einzelfall zu kennen, nehme ich an, dass das Fehlen einer solchen Kennzeichnung der Hintergrund Ihrer Schwierigkeiten beim Import von Fidget-Spinnern aus den USA ist.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass es sich hierbei um eine ausgesprochen problematische Diskrepanz handelt. Ich persönlich spreche mich schon seit langem dafür aus, dass die Atomaufsicht europäisiert wird und sich an den höchsten Sicherheitsstandards orientieren muss. Schließlich ist klar, dass bei einem etwaigen Kernreaktorunfall Strahlung und radioaktiver Niederschlag nicht an der Landesgrenze halt machen werden. Insofern handelt es sich beim Thema Aufsicht über die Nuklearenergie definitiv um eine europäische Angelegenheit, die auch europäisch angegangen werden muss. Dass dies nicht der Fall ist, liegt schlichtweg daran, dass die Mitgliedstaaten sich bisher weigern, diese Kompetenz auf die Europäische Union zu übertragen. Das finde ich persönlich ausgesprochen bedauerlich und ich darf Ihnen versichern, dass ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten dafür einsetzen werde, dass wir zu einer europäischen Atomaufsicht kommen.
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe gewesen zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP