Frage an Markus Ferber von Ludwig R.
Hallo Hr. Ferber!
Länder wie Griechenland,Italien, Östereich und Ungarn schicken Flüchtlinge unregistriert weiter nach Deutschland! Wieso ist das Dublin III Abkommen faktisch außer Kraft, und wieso pocht die EU nicht auf dessen Einhaltung? Was sind EU-Verträge überhaupt noch wert ?
Quelle: Focus Magazin Nr. 33, Politik und Gesellschaft, Grenzenloser Rechtsbruch
MfG
L. R.
Sehr geehrter Herr R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 20. August zur Anwendung der Dublin III-Verordnung.
Das Dublin-Verfahren sieht vor, dass derjenige Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Boden betreten hat. Leider erleben wir derzeit eine Situation, in der eine Reihe von Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen im Dublin-Verfahren nicht nachkommen und Asylbewerber systematisch unregistriert weiterreisen lassen und damit das gemeinsame Regelwerk aushöhlen.
Als Hüterin der Verträge ist es Aufgabe der Europäischen Kommission dafür Sorge zu tragen, dass europäisches Recht in allen Mitgliedstaaten auch tatsächlich zur Anwendung gebracht wird.
Gegen Italien läuft bereits seit Oktober 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Verstößen gegen die Verordnung zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines Drittlandes in einem Mitgliedstaat gestellt hat (Dublin-Verordnung). Auch Griechenland hat wiederholt gegen Verordnungen der europäischen Asylpolitik verstoßen (insbesondere im Bereich Mindeststandards für Asylverfahren).
Ich erwarte hier, dass die Europäische Kommission vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen laufende Verfahren zügig zu Ende bringt und gegebenenfalls neue Verfahren eröffnet, wo dies nötig ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass europäisches Recht auch tatsächlich zur Anwendung gebracht wird.
Die derzeitige Situation zeigt jedoch auch, dass wir dringend Änderungen am derzeitigen europäischen Asylsystem benötigen. Zu einem fairen Asylsystem gehört meines Erachtens auch eine Aufteilungsquote der Flüchtlinge auf alle EU-Länder nach festen Kriterien wie Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft oder Arbeitslosigkeit. Wenn es ein solches Quotensystem mit einer fairen Lastenverteilung gibt, wird es für die Mitgliedstaaten auch keine Anreize mehr geben, Asylbewerber nicht zu erfassen.
Ich darf Ihnen versichern, dass ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten weiterhin für eine Reform des europäischen Asylsystems hin zu einer fairen Lastenverteilung einsetzen werde.
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP