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Markus Ferber
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Frage von Stefan D. •

Frage an Markus Ferber von Stefan D. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Ferber,

ich nehme Bezug auf Ihre Antwort vom 13.04.2015.

Sie wirft für mich weitere Fragen auf:

1. Für welche „Prämissen“ des Buches gibt es „keine Anhaltspunkte“?

2. Sie führen an: „Sowohl die EU als auch die USA verfügen bereits über hoch entwickelte Systeme, die Sicherheit und Verbraucherschutz gewähren … „.
Nur zwei Beispiele hierzu:
Chemikalien in Kosmetik: Verboten in der EU: 1300, in den USA 11 (!!).
Auf Gefahren getestete Chemikalien in EU: 30.000, in den USA 540(!!).
(Quelle: www.bund.net/ttip)
Ein Beratergremium des US-Präsidenten hat die amerikanische Chemikaliengesetzgebung als „krassestes Beispiel für die ineffektive Regulierung von Umweltschadstoffen“ bezeichnet. Die europäische Chemikalien-Verordnung REACH dagegen ist eine der mühsamst erkämpften Verbraucherschutz-Errungenschaften, derer sich die EU rühmen kann, ebenso wie das grundsätzlich in der EU geltende Vorsorgeprinzip. Worin sehen Sie hierzu ein „hochentwickeltes System“ in der USA?

3. Sie sprechen von „Beibehaltung des hohen Schutzniveaus“. Dabei wären weitere Verbesserungen in der EU sehr wünschenswert, z.B. Kennzeichnungspflicht von tierischen Produkten, wenn die Tiere mit Gentechnik-Futter gemästet wurden. Wie sollen mit TTIP künftig solche Verbesserungen erreicht werden?

4. Befürchten Sie nicht, dass durch regulatorische Kooperation und Investorenschutz der politische Handlungsspielraum demokratisch gewählter Parlamente zugunsten der Konzerne massiv eingeschränkt wird?

5. Sind 0,048% eventuelles jährliches Wachstum das alles wert?

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Sehr geehrter Herr D.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Rückfragen zu TTIP.

Mit "Prämissen", von denen Herr Bode ausgeht, meine ich und wie ich bereits aufgezeigt habe, beispielsweise die Behauptung, dass ein Freihandelsabkommen mit den USA den europäischen Verbraucherschutzstandards schaden wird. Diese Ansicht teile ich nicht. Oberstes Ziel in den Verhandlungen ist sowohl für die Amerikaner als auch für die Europäer, ihre Verbraucherschutzstandards auf dem gleich hohen Niveau zu halten bzw. zu verbessern. Im Verhandlungsmandat der EU-Kommission sind eindeutige Leitlinien der EU für die Verhandlungen festgelegt, die dies zeigen. Gerne möchte ich Sie auf die Möglichkeit hinweisen, die Fakten einmal selber nachzulesen. Das Verhandlungsmandat in deutscher Sprache finden Sie unter folgendem Link http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11103-2013-DCL-1/de/pdf.

Zum Verbraucherschutz:
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass die EU hat in einigen Bereichen höhere Standards hat als die USA. Jedoch setzen auch die Amerikaner im Bereich des Verbraucherschutzes hohe Standards, beispielsweise bei Arzneimitteln oder medizinischen Bedarfsgegenständen. In manchen Bereichen haben die Amerikaner sogar strengere Vorschriften als die Europäer, beispielsweise Antischuppen-Shampoo, welche in der EU als Kosmetika eingestuft werden, werden in den USA als Arzneimittel behandelt und müssen in einer Apotheke gekauft werden.

Die europäische Chemikalienverordnung REACH, die zu einem hohen Schutzniveau für Umwelt und Gesellschaft in Europa sorgen soll, unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von dem amerikanischen Toxic Substance Controö Act (TSCA). Eine gegenseitige Anerkennung und eine Einigung in TTIP ist schwer denkbar, die Unterschiede sind hier einfach zu groß. Eine befürchtete Absenkung europäischer Standards ist nicht möglich. Allein in den Bereichen, wo bereits gleich hohe Standards bestehen, werden gegenseitige Anerkennungen überhaupt möglich.

Mir ist es wichtig, dass sich die EU-Kommission in den Verhandlungen besonders in Bereichen, die den Endverbraucher nicht direkt betreffen, für eine möglichst große Liberalisierung einsetzt. Damit meine ich beispielsweise den technischen Bereich und die gegenseitige Anerkennung von Prüfverfahren oder auch Maschinen, dies bringt besonders für die zahlreichen europäischen Klein- und Mittelständischen Unternehmen große Vorteile. In Bereichen, in denen der Endverbraucher direkt betroffen ist wie beispielsweise im Lebensmittelbereich, muss die EU vorsichtige sein und sicherstellen, dass die europäischen Verbraucherschutzstandards geschützt sind.

Die Kennzeichnungspflicht von tierischen Produkten, die mit genverändertem Futtermittel gefüttert worden sind ist ein Thema, für welches zuerst auf europäischer Ebene eine Lösung gefunden werden muss. Grundsätzlich hat die EU hat das strengste und langwierigste Zulassungsverfahren für GVOs weltweit, TTIP wird nicht dazu führen, dass die EU diese Anforderungen ändert. In wie weit die TTIP-Verhandlungen Raum dazu geben, sich der Problematik bei der Kennzeichnungspflicht anzunähern und letztendlich zu lösen, werden die Verhandlungen zeigen. Ich stimme mit Ihnen darüber überein, dass sich die EU dieser wichtigen Sachlage dringend annehmen muss.

Zur regulatorischen Kooperation:
Nein, ich befürchte nicht, dass durch eine regulatorische Kooperation zwischen den USA und der EU der Handlungsspielraum von Regierungen und Staaten eingeschränkt wird.

Die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen eines der Kernelemente des transatlantischen Freihandelsabkommens. Unter dieses Stichwort fallen zum einen Dinge wie die gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren, die meines Erachtens großes Potential bieten. Zum anderen gehört dazu aber auch die regulatorische Zusammenarbeit nach Abschluss des Abkommens, um zu verhindern, dass dort wo gerade Handelshemmnisse abgebaut wurden durch widerstrebende Regulierung wieder neue Hemmnisse aufgebaut werden.

Sich im Sinne dieser Idee bei neuen Gesetzesvorhaben gegenseitig zu informieren und abzustimmen, halte ich im Grundsatz für sinnvoll. Aber wie immer kommt es auf die Umsetzung im Detail an. Und für mich ist klar, dass durch die regulatorische Zusammenarbeit die Rechtssetzungsbefugnisse des europäischen Gesetzgebers keineswegs ausgehöhlt werden dürfen.

Zu den Wachstumswerten durch TTIP:
Zahlreiche Forschungsinstitute haben in Studien Vorteile des Freihandelsabkommens TTIP berechnet. Ich versuche jedoch, bei Freihandelsabkommen nicht mit Zahlen zu argumentieren. Die Zahlen der vielen Studien und Statistiken, die die Vor- und Nachteile eines transatlantischen Handelsabkommens zu prognostizieren versuchen, werden am Ende sicherlich anders aussehen, als man sie vorhergesagt hat.

Ich bin grundsätzlich davon überzeugt, dass Handel für Europa unerlässlich ist und wir unsere Handelsbeziehungen weiter intensivieren müssen, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ich sehe in TTIP die Chance, unsere hohen europäischen Standards, sei es im Bereich des Verbraucher- und Umweltschutzes, oder im technischen Bereich, zu Weltstandards auszuweiten.

Gerne möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auf meine Veranstaltungsreihe "TTIP- jetzt red i" hinweisen. Mir ist es ein großes Anliegen, Klarheit in das Thema zu bringen und einen offenen Austausch mit allen interessierten Bürgern und Bürgerinnen zu TTIP zu führen. Die genauen Termine und Veranstaltungsorte finden auf meiner Homepage www.markus-ferber.de .

In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe zu sein, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Markus Ferber, MdEP

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