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Markus Ferber
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Frage von Stefan D. •

Frage an Markus Ferber von Stefan D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Ferber,

Thema TTIP:

1. Haben Sie das Buch von Thilo Bode, „TTIP - Die Freihandelslüge“ gelesen?

2. Abgeordnete, die wie Sie früher oder später wohl einmal über TTIP abstimmen müssen, müssen sich m.E. mit den Fakten und Argumenten des Buches auseinandersetzen. Sind die Fakten in diesem Buch unzutreffend?

3. Die Quintessenz des Buches ist eindeutig: Für das TTIP sprechen vage Wachstumshoffnungen von gerade einmal 0,48 % in zehn (!) Jahren, also nur 0,048 % pro Jahr (Quelle: CEPR-Studie im Aufrag der EU, http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/march/tradoc_150737.pdf ). Das wäre noch in Ordnung, wenn es bei TTIP nur um Abschaffung von Zöllen und unterschiedlichen technischen Normen ginge. Hiergegen hätte niemand etwas einzuwenden. Das bisher geplante Abkommen geht aber leider viel weiter.

Für evtl. 0,048 % Wachstum wird eine der Demokratie widersprechende massive Beschränkung des politischen Handlungsspielraums in Kauf genommen allein zugunsten von Konzernen. Jedes Gesetz der EU oder eines EU-Staates, das Umwelt oder Verbraucherrechte schützt und dabei evtl. Gewinnerwartungen von Konzernen beeinträchtigt, muss dann als potentielles Handelshemmnis erst im Rahmen der „regulatorischen Kooperation“ mit den USA abgestimmt werden. Bei der ohnehin sehr schwierigen und langwierigen politischen Willensbildung innerhalb der EU beim Umwelt- und Verbraucherschutz gegen mächtige Wirtschaftsinteressen wird dann kaum eine Gesetzesinitiative, die Umwelt und Verbraucherrechte stärken soll, überhaupt noch zustande kommen. Selbst wenn dann noch ein solches Gesetz zustandekäme, könnten die Konzerne aufgrund der Investorenschutzklauseln die EU oder EU-Staaten mit Klagen vor geheimen, internationalen Schiedsgerichten überziehen. Faktisch wird daher jedes weitere Bestreben, Umwelt- und Verbraucherrechte zu verbessern, zum Erliegen kommen.
Sollte daher nicht TTIP vollständig gestoppt werden?

MfG
S. D.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr D.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 8. April zum Thema TTIP und insbesondere zum Buch „TTIP – Die Freihandelslüge“ von Thilo Bode.

Das Buch von Herrn Bode krankt an einem großen Problem: Es geht von Prämissen über den Inhalt des Freihandelsabkommens aus, für die es schlichtweg keine Anhaltspunkte gibt. Die Schlussfolgerungen, die aus diesen Prämissen resultieren, mögen zwar logisch folgerichtig sein, bieten aber angesichts der willkürlich gesteckten Ausgangshypothesen keinen wirklichen Mehrwert.

So teile ich beispielsweise Herr Bodes Thesen von einer Aushöhlung europäischer Verbraucherschutzstandards nicht. Sowohl die Europäische Union als auch die Vereinigten Staaten verfügen bereits über hoch entwickelte Systeme, die Sicherheit und Verbraucherschutz gewähren, jedoch werden oft unterschiedliche Ansätze gewählt, um das gleiche Ziel zu erreichen.

Wenn damit das gleiche Schutzniveau erreicht wird, macht es Sinn über eine gegenseitige Anerkennung nachzudenken. Über unser hohes Schutzniveau in Europa oder gar eine Aushöhlung desselben wird jedoch überhaupt nicht verhandelt. Im Verhandlungsmandat der EU-Kommission ist stattdessen eindeutig festgelegt, dass unser hohes Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- und Verbraucherbereich beibehalten werden muss – und das halte ich auch für richtig.

Daher glaube ich, dass das Buch von Herrn Bode leider an der falschen Stelle ansetzt. Es geht zum derzeitigen Zeitpunkt nicht darum, verschiedene mögliche Szenarien durchzuspielen und anhand von Mutmaßungen ein vorschnelles Urteil zu fällen. Stattdessen sollten wir an einem Abkommen arbeiten, das europäische Werte und Standards reflektiert und einen echten Mehrwert für uns Europäer bietet.

Erst wenn das endgültige Verhandlungsergebnis vorliegt, ist es an der Zeit, anhand des finalen Textes die Folgen abzuschätzen und dann über den tatsächlichen Mehrwert des Abkommens zu urteilen.

In diesem Sinne werde ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten nun einerseits dafür einsetzen, dass wir zu einem guten Abkommen kommen, das für beide Verhandlungspartner von Nutzen ist. Andererseits werde ich das Verhandlungsergebnis selbstverständlich sorgfältig prüfen und dann auf Basis von Fakten – und nicht auf Basis von Mutmaßungen – entscheiden, ob das Verhandlungsergebnis einen echten Mehrwert bietet.

In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe zu sein, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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