Frage an Markus Ferber von Stefan S.
Sehr geehrter Herr Ferber,
ich habe gerade das Buch des Herrn Dirk Müller "Showdown, der Kampf um Europa und unser Geld" gelesen.
Herr Müller wirbt dort für eine tolle Idee von Infrastrukturfonds auf EU-Ebene.
Mit diesen Infrastrukturfonds werden Projekte der erneuerbaren Energiewende ( neue Anlagen, neue Stromnetze,
Pufferspeicher, Wasserstofftankstellennetze usw. ) finanziert. Nach Wirtschaftlichkeitsprüfung z.B. durch
KPMG wird über Finanzierbarkeit der Projekte über den Fonds entschieden. Die Rückzahlung der Fondsgelder
würde dann staatlich garantiert sein.
Durch die staatliche Garantie würden sich sowohl Versicherungskonzerne ( trotz Basel III, da sichere Anlage )
mit Kundengeldern beteiligen können, als auch alle EU-Bürgen, die momentan unglaubliche Summen an Geldern
unproduktiv auf Tages- oder Festgeldern liegen haben.
Es würden dadurch mehrere positive Effekte ergeben:
- Die Energiewende würde mit unglaublichen Mitteln angeschoben werden
- Die Infrastrukturfonds wären für Europa ein riesiges Konjunkturprogramm, welches so oder so von allen Seiten gefordert wird
- Die Bürger profitieren sowohl direkt über eine sichere Anlage in Sachwerten ( weg von Geldwerten )
als auch indirekt über eine bessere Rendite über Ihre private Altersvorsorgen
- Die wirtschaftliche Wertschöpfung bleibt zu größten Teilen in Europa
- Die Industrieunternehmen müssten nicht so hohe Kredite aufnehmen, um die für die Energiewende
nötigen Investitionen zu stemmen. Das würde wiederum deren Kreditrating verbessern und mehr
Spielräume schaffen bzw. bessere Erträge generieren.
- Die Abhängigkeit von Energieimporten von dem außereuropäischen Ausland würde drastisch sinken.
- Die Energiepreise würde auf lange Sicht fallen können
Die Idee ist phänomenal. Haben Sie davon schon gehört ? Es muss doch im Sinne aller Beteiligten in Europa
sein, solch einen Plan zu verfolgen und durchzusetzen ?
Mit freundlichen Grüßen
S. S.
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 5. Januar 2015, in der Sie sich nach meiner Meinung zu einem europäischen Infrastrukturfonds erkundigen.
Vor einigen Wochen hat die Europäische Kommission ein Investitionspaket vorgestellt, welches den von Ihnen skizzierten Vorstellungen eines durch staatliche Garantien besicherten Infrastrukturfonds an vielen Stellen ähnelt. Einen Überblick über die wichtigsten Elemente des Vorschlags finden Sie unter folgendem Link:
http://ec.europa.eu/priorities/jobs-growth-investment/plan/index_de.htm
Allerdings sehe ich beim vorliegenden Vorschlag der Europäischen Kommission einige Probleme. So halte ich die vorgeschlagene Hebelwirkung für viel zu hoch, was im Endeffekt dazu führen wird, dass sich letztlich nur solche Projekte rechnen werden, die sich ohnehin über den Kapitalmarkt finanzieren ließen. Damit werden also keine neuen Investitionen generiert.
Grundsätzlich ist die Problemdiagnose aber richtig: Wir haben in einigen EU-Mitgliedstaaten – gerade im Bereich Infrastruktur – ein erhebliches Investitionsdefizit. Insofern ist es richtig, sich darum zu bemühen, vorhandene Mittel in diesen Bereich zu leiten.
Meines Erachtens muss es beim Investitionspaket aber darum gehen, zusätzliche Investitionen zu generieren und nicht darum, Mitnahmeeffekte zu ermöglichen. Deswegen halte ich es auch für geboten, dass wir uns statt über das Für und Wider bestimmter Investitionsvolumina zu diskutieren, um die richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen kümmern.
Wir brauchen ein Klima, welches Langfristinvestitionen insgesamt fördert. Dazu gehört es, bürokratische Hürden abzubauen und Genehmigungsverfahren sinnvoll zu vereinfachen, sodass sich Investitionen in langfristige Infrastruktur auch ökonomisch rechnen. Wenn es gelingt, ein Marktumfeld zu schaffen, in dem dies möglich ist, werden über den Markt automatisch solche Investitionen zustande kommen, die einen klaren ökonomischen Mehrwert generieren.
Ich darf Ihnen versichern, dass ich diese Linie in den weiteren Beratungen zum Investitionspaket und den zugrunde liegenden Rechtsakten verfolgen werde.
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe zu sein, verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Markus Ferber, MdEP