Frage an Markus Ferber von Eugen B. bezüglich Wirtschaft
Fragen zum TTIP:
1. Wird das EU-Parlament von der TTIP-Verhandlungskommission ausreichend informiert?
2. In welchen Punkten wird die Verhandlungskommission deutsche Interessen keinesfalls opfern (z.B. Monopol der Wasserversorgung durch kommunale Unternehmen oder im öffentlichen Nahverkehr usw.)
3. Sind diese ominösen Schiedsgerichte bei Streitigkeiten (statt der öffentlichen staatlichen Gerichtsbarkeit) tatsächliches Verhandlungsziel der Kommission und wie steht das EU-Parlament bzw. die deutschen Abgeordneten dazu?
Sehr geehrter Herr Bauer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen vom 13. Juli 2014 zu den Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP).
1.) Zum Thema Transparenz: Das Europäische Parlament hat die Europäische Kommission in einem Entschließungsantrag aus dem Mai des vergangenen Jahres eindeutig „auf ihre Verpflichtung hin[gewiesen], das Parlament in allen Verhandlungsphasen (vor und nach den Verhandlungsrunden) unverzüglich und umfassend zu unterrichten.“ Dieser Hinweis erfolgte genau zu dem Zweck, Öffentlichkeit und Transparenz über den Verhandlungsverlauf herzustellen. Dieser Verpflichtung kommt die Europäische Kommission bisher nicht in ausreichendem Maße nach. Das finde ich inakzeptabel und werde mich auch weiterhin für einen transparenten Verhandlungsstil und eine bessere Einbindung des Europäischen Parlaments in die Verhandlungen einsetzen.
2.) Zur Frage der Rolle der öffentlichen Daseinsvorsorge im Rahmen von TTIP: Die Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge – von der Trinkwasserversorgung bis zu den Rettungsdiensten – in Deutschland haben sich bewährt: Sie erbringen hochwertige Leistungen zu fairen Preisen und werde daher von den Bürgern zurecht geschätzt. Diese funktionierenden Strukturen gilt es entsprechend zu bewahren und zu schützen. Das gilt selbstverständlich auch im Rahmen von Freihandelsabkommen.
In diesem Zusammenhang möchte ich gern auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linkspartei im Deutschen Bundestag verweisen (Bundestagsdrucksache 17/14755; 16.09.2013), die explizit auf den Inhalt des von den Mitgliedsstaaten verabschiedeten Verhandlungsmandats eingeht. Dort heißt es:
„In dem Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission ist verankert, dass die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU erhalten bleiben soll. Nach Auffassung der Bundesregierung wird das geplante Freihandelsabkommen auch die Entscheidungsfreiheit der regionalen Körperschaften über die Organisation der Daseinsvorsorge vor Ort unberührt lassen.“
Diese Klarstellung begrüße ich ausdrücklich, darf Ihnen aber versichern, dass ich das Verhandlungsergebnis im Vorfeld der Abstimmung im Europäischen Parlament nichtsdestoweniger auch auf diesen Aspekt hin eingehend prüfen werde.
3.) Zum Thema Investitionsschutz: Das Thema Investitionsschutz, welches Sie ebenfalls ansprechen, sehe ich als den eigentlichen Knackpunkt der Verhandlungen an. Dieses Thema hat in den vergangenen Wochen zurecht einige Aufmerksamkeit erfahren, da befürchtet wurde, dass europäisches Recht durch Schiedsgerichtsurteile ausgehebelt werden könnte. Dies wäre schlichtweg inakzeptabel. Angesichts des hohen Rechtsschutzniveaus sowohl in Europa als auch in den USA halte ich es für absolut ausreichend, dass der Investitionsschutz einzig und allein über den Zugang zu ordentlichen Gerichten gewährleistet wird. Damit ist sichergestellt, dass die Rechtsprechung in Europa nach europäischem Recht erfolgt. Dafür werde ich mich einsetzen. Ein Freihandelsabkommen mit einer Schiedsgerichtsklausel, über die europäisches Recht durch private Schiedsgerichtsurteile ausgehöhlt werden könnte, werde ich ablehnen.
Wie Sie sehen, gibt es beim TTIP tatsächlich eine Reihe von kritischen Punkten, die wir im Blick haben müssen und ich auch im Blick haben werde. Eine abschließende Bewertung eines solch komplexen Abkommens kann jedoch nur auf Grundlage des fertigen Verhandlungstextes erfolgen. Diesen gilt es sorgfältig auf alle Bedenken zu prüfen. Ich darf Ihnen versichern, dass ich dies tun werde und einem jedem Freihandelsabkommen nur dann zustimmen werde, wenn es unter dem Strich den Bürgern Europas nützt.
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe gewesen zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP