Frage an Markus Ferber von Monika H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ferber,
der Europäische Gerichtshof hat am 8. April die Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben, weil sie unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta ist.
Ich betrachte diese Richtlinie und ihre nationalen Umsetzungen ebenfalls als große Gefahr für die Grundrechte und für die politische Freiheit der Menschen in unseren rechtsstaatlichen Demokratien. Für mich stellt diese und jede andere Form anlassloser Überwachung von Menschen einen direkten Angriff auf die freiheitliche Demokratie als solche dar. Darüber hinaus gibt es bisher keinen Hinweis, dass die Vorratsdatenspeicherung sich überhaupt positiv auf die Strafverfolgung auswirkt.
Daher erlauben Sie mir bitte zwei Fragen an Sie persönlich als Kandidat aus Bayern zum Europäischen Parlament:
1. Würden Sie Ihre Stimme einsetzen, um gegen eine neue EU-Richtlinie zur verpflichtenden Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten zu stimmen?
2. Würden Sie einer EU-Richtlinie zum Verbot der Vorratsdatenspeicherung in allen Mitgliedstaaten zustimmen?
Vielen Dank vorab. Ich freue mich auf Ihre Antwort
Mit den besten Grüßen
Monika Heim
Sehr geehrte Frau Heim,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 13. Mai zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung.
Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 8. April die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt, da diese aus Sicht des EuGH das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletze. Damit hat der EuGH jedoch nicht die Vorratsdatenspeicherung an sich für illegitim erklärt. Im Gegenteil, der EuGH hat klargestellt, dass Datenspeicherung mit dem Ziel der Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus grundsätzlich erlaubt ist und ein geeignetes Mittel darstellen kann.
Die Abwägung von Freiheitsrechten und dem Bedürfnis nach Sicherheit ist stets ein Balanceakt. Selbstverständlich muss Privates auch in Zeiten der Digitalisierung privat bleiben. Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Bürger müssen deswegen auf das Nötigste beschränkt bleiben. Gleichwohl muss die Bekämpfung terroristischer Bedrohungen eine Priorität bleiben. Anlass für den Vorschlag der Europäischen Kommission für die besagte Richtlinie waren die schrecklichen Terroranschläge in Madrid 2004 und in London 2005, die viele Menschenleben gekostet haben. Diese Bedrohung ist leider immer noch nicht aus der Welt und deswegen braucht es geeignete Instrumente, um dieser Bedrohung beizukommen.
Sollte die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung machen, muss sie dabei die Hinweise des EuGH selbstverständlich genauestens berücksichtigen und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wahren. Darauf werde ich im Rahmen etwaiger neuer Legislativvorschläge achten, denn für mich ist klar: Auch beim Ziel der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung müssen Bürgerrechte gewahrt bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP