Frage an Markus Ferber von Gabriela S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Erst kürzlich hat das Europaparlament eine EU-Verordnung zu Klagen von Investoren mehr oder weniger heimlich abgenickt. Dies noch kurz vor Beginn des EU-Wahlkampfes. Gegen die Stimmen von Grünen und Linken haben die Abgeordneten "Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten" (ISDS-Regeln) beschlossen und damit einen Zentralen Pfeiler von TTIP abgesegnet. Damit wurde die öffentliche Meinung missachtet.
Weshalb die Eile? Haben Sie sich an der Abstimmung beteiligt und - wenn ja - wie haben Sie abgestimmt.
Nachdem nun nach und nach Informationen aus den "Geheimverhandlungen" öffentlich werden und sich breiter Bürgerwiderstand formiert, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie und Ihre Partei, die CSU, weiter an der Umsetzung des TTIP (wie auch von CETA) festhalten?
Sehr geehrte Frau Schimmer-Göresz,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 3. Mai zum Themenbereich Investoren-Staat-Streitigkeiten.
Die Aushandlung von Investitionsvereinbarungen ist Bestandteil der gemeinsamen Handelspolitik. Für diese ist die Europäische Union zuständig. Der Vertrag von Lissabon legt explizit fest, dass die EU Abkommen über ausländische Direktinvestitionen abschließen kann. Die von Ihnen angesprochene Verordnung über Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, über die im April im Plenum des Europäischen Parlaments abgestimmt wurde, präzisiert den durch den Vertrag von Lissabon vorgesehenen Rechtsrahmen. Dabei geht es explizit nicht um die vorauseilende Umsetzung des transatlantischen Freihandelsabkommens, sondern um Rechtssicherheit für bereits bestehende Abkommen.
Richtig ist, dass das transatlantische Freihandelsabkommen auch ein Kapitel über den Investitionsschutz enthalten soll. Dieses hat in den vergangenen Wochen zurecht einige Aufmerksamkeit erfahren, da befürchtet wurde, dass europäisches Recht durch Schiedsgerichtsurteile ausgehebelt werden könnte. Dies wäre schlichtweg inakzeptabel. Angesichts des hohen Rechtsschutzniveaus sowohl in Europa als auch in den USA halte ich es für absolut ausreichend, dass der Investitionsschutz einzig und allein über den Zugang zu ordentlichen Gerichten gewährleistet wird. Damit ist sichergestellt, dass die Rechtsprechung in Europa nach europäischem Recht erfolgt. Dafür werde ich mich einsetzen. Ein Freihandelsabkommen mit einer Schiedsgerichtsklausel, über die europäisches Recht durch private Schiedsgerichtsurteile ausgehöhlt werden könnte, werde ich ablehnen.
Deswegen halte ich es auch für richtig und gut, dass die Verhandlungen über das umstrittene Investitionsschutzkapitel zunächst auf Eis liegen und es einen öffentlichen Konsultationsprozess zu diesem Bereich gibt. Ich darf Ihnen versichern, dass ich diesen Konsultationsprozess aufmerksam verfolgen und das Verhandlungsergebnis sorgfältig prüfen werde. Nur wenn ich sicher sein kann, dass über das transatlantische Freihandelsabkommen europäisches Recht nicht untergraben wird, werde ich dem Abkommen am Ende zustimmen.
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP