Frage an Markus Ferber von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Ferber,
in Europa fehlen viele viele Millionen Jobs.
Wie will das Ihre Fraktion ändern, die ja die Austeritätspolitik- die m.E. die Misere verschlimmert und nicht verbessert- ändern? Die sie tragenden Parteien ( Mitgliedsparteien Ihrer Fraktion) muten in den EU-Ländern ihrer Bevölkerung sehr viel zu. Siehe Griechenland wo angeblich 2000 Familien 80% des Vermögens gehört, aber Arbeitslose nach 1 Jahr überhaupt keine Unterstützung mehr bekommen. Wie wollen Sie das ändern, und wie wollen Sie Mindeststandards und eine Mindestgrundsicherung in der EU einführen?
Wie Sie anhand dieses Links sehen, wird die Arbeitslosigkeit schöngerechnet: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html
Wird die CSU bei den Koalitionsverhandlungen endlich durchsetzen, dass es eine Arbeitslosenstatistik gibt, die die Wirklichkeit abzeichnet? Oder wird so weiter gemacht?
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schwarzer
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 6. November.
In der Tat hat die Finanz- und Staatsschuldenkrise, deren Auswirkungen noch immer zu spüren sind, die Arbeitsmarktsituation in vielen europäischen Ländern dramatisch verschlechtert.
Um die richtigen Rezepte für die Überwindung der Krise zu finden, müssen wir meines Erachtens ein Stück zurücktreten und nach den Ursachen der Krise fragen. Im Kern ist die Krise, die wir derzeit erleben eine Wettbewerbsfähigkeitskrise. Dazu lohnt ein Blick auf die Lohnstückkosten, die einen guten Indikator für Wettbewerbsfähigkeit darstellen. Die Lohnstückkosten haben sich in den EU-Mitgliedsstaaten in den Jahren nach der Einführung des Euro deutlich auseinander entwickelt. Gerade in vielen derjenigen Staaten, die heute Probleme haben (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien) sind die Lohnstückkosten zwischen 2000 und dem Beginn der Krise dramatisch angestiegen. Gegenüber anderen Ländern haben diese Staaten damit deutlich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt.
Diese Entwicklung wurde lange Zeit durch ein hohes Niveau an schuldenfinanzierten, konsumtiven Ausgaben künstlich überdeckt. Als dieses Element wegfiel und die Möglichkeit der Neuverschuldung teurer und damit unattraktiver wurde, schlug die genannte Entwicklung voll auf den Arbeitsmarkt durch.
Deswegen glaube ich, dass es zur Überwindung der Krise ganz zentral ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Peripherieländer wieder herzustellen. Solange dieses Defizit nicht behoben wird, wird es auch kein Wachstum geben. Und dann wird sich auch das Problem der Staatsverschuldung nur schwerlich lösen lassen. Das Ausgaben (und damit das Verschuldungsniveau) hoch zu halten und damit künstliches Wachstum zu generieren, ist jedenfalls keine langfristige Lösung der Probleme.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass harte Strukturreformen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sicherlich keine allzu populären Maßnahmen sind. Gleichwohl sind sie nötig, will man die zugrunde liegenden Probleme langfristig angehen. Wenn Sie das Beispiel Griechenlands nehmen, sehen Sie übrigens, dass die angegangenen Strukturreformen inzwischen Früchte tragen. Griechenland steuert auf ein strukturelles Haushaltsplus und eine im kommenden Jahr leicht wachsende Wirtschaft zu.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage zum Thema Arbeitslosenstatistiken. Die Antwort auf die Frage, wer unter die Kategorie „arbeitslos“ fällt, ist europaweit einheitlich festgelegt. Auf der Website der Bundesagentur für Arbeit finden Sie sehr umfassende Informationen dazu, wer unter die Kategorie „arbeitslos“ fällt und wer nicht. Unter folgendem Link können Sie sich selbst ein Bild machen:
http://statistik.arbeitsagentur.de/
In der Hoffnung, Ihnen damit eine Hilfe gewesen zu sein, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Markus Ferber, MdEP