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Mark Helfrich
CDU
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Frage von Nathalie S. •

Frage an Mark Helfrich von Nathalie S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Helfrich,
als Mutter eines chronisch kranken Kindes stehe ich der zur Zeit stark diskutierten allgemeinen Impfpflicht skeptisch gegenüber, da sie meines Erachtens unverhältnismäßig stark in die Menschenrechte eingreift und kaum noch Einzelfallentscheidungen berücksichtigt. Ich bin besorgt, dass aufgrund der bislang fehlenden Studien zur Wirksamkeit bzw. Nebenwirkungen von Impfungen unvorhersehbare Gesundheitsrisiken eintreten könnten.
Im Programm der CDU steht: "Menschenrechte sind Ausdruck der unantastbaren Würde des Menschen – universell, unteilbar und unveräußerlich. Auf dieser Grundüberzeugung basiert unser politisches Handeln in Deutschland und in der Welt. Menschenrechte durchdringen alle Bereiche der Politik. Ihre Einhaltung ist ethisches Fundament für die demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung eines jeden Landes." (https://www.cdu.de/themen/entwicklungs-und-menschenrechtspolitik)
Für mich ergeben sich daraus folgende Fragen:
1. Wenn die Einhaltung der Menschenrechte die ethische Basis für unsere Gesellschaft und Entwicklung ist, wie kann es sein, dass eine Impfpflicht trotz Einwände des Ethikrates erhoben wird?
2. Welche unabhängigen Argumente bzw. Stellungnahmen/ Gutachten begründen eine Aushebelung der geltenden Menschenrechte/ Einzelfallentscheidungen?
Herzlichen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
N. S.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.,

Ihrer Nachricht entnehme ich, dass Sie grundsätzliche Bedenken aufgrund des Kindeswohls gegen die Masernschutzimpfung haben.

Erlauben Sie mir zunächst eine persönliche Anmerkung. Meine Meinung zur Masernimpflicht basiert auf einer ganz privaten Erfahrung: Nach der Geburt unseres Sohns hätte meine Frau mich gern mit ihm in den Sitzungswochen besucht. Da aber damals in Berlin die Masern grassierten und der Kleine noch nicht geimpft werden konnte, haben wir uns schweren Herzens entschieden, das Risiko nicht einzugehen. Sicherlich, ein kleines Beispiel, aber es zeigt, dass Impfen keine rein private Entscheidung, sondern immer auch ein Stück gesellschaftliche Verantwortung ist.

In meinen Augen sollte es für Eltern selbstverständlich sein, das eigene Kind und andere durch Impfungen vor gefährlichen Krankheiten zu bewahren. Das hat lange gut und eigenverantwortlich funktioniert. Wenn nun fast besiegt geglaubte Krankheiten durch die Verweigerungshaltung zu vieler wieder auf dem Vormarsch sind, muss der Gesetzgeber handeln.

Nun zu Ihren Bedenken gegen den Masernimpfstoff. Der Lebendimpfstoff gegen Masern wird seit über 40 Jahren weltweit verabreicht. Die seitdem erhobenen Daten haben gezeigt, dass er sehr wirksam und sicher ist. Die heutigen Impfstoffe sind sicherer als je zuvor.

Bisher konnten wissenschaftliche Studien nicht belegen, dass sich nicht geimpfte Kinder geistig oder körperlich besser entwickeln als geimpfte. Dies wäre auch nicht plausibel. Die verfügbaren Schutzimpfungen richten sich gegen rund ein Dutzend besonders häufig auftretende oder gefährliche Erreger – mit Hunderten weiteren Erregern muss sich das Immunsystem täglich auseinandersetzen.

Auch die Impfung selbst stellt für das Abwehrsystem einen Stimulus dar und trainiert das Immunsystem. Dementsprechend wäre es ausgesprochen überraschend, wenn geimpfte Kinder generell eine schwächere Konstitution besäßen oder über dauerhaft weniger Abwehrkräfte verfügten. Hinzu kommt: Es steht außer Frage, dass Kinder durch schwerere Infektionen in der Regel in ihrer Entwicklung zurückgeworfen werden und gesundheitliche Komplikationen bis hin zu Todesfällen die Folge sein können. Genau diese lassen sich mit der Hilfe von Impfungen vermeiden.

Fakt ist, dass die Kinder heutzutage gegen mehr Krankheiten geimpft werden als früher. Die Zahl der dabei übertragenen Antigene im Impfstoff hat sich dennoch deutlich verringert. Der Grund dafür liegt darin, dass die modernen Impfstoffe hoch gereinigt sind und zumeist nur einzelne Bestandteile der Erreger enthalten. Tatsächlich setzt sich das kindliche Immunsystem, das für diese Aufgabe gut gerüstet ist, tagtäglich mit einer vielfach größeren Menge von Antigenen auseinander, als dies bei Impfungen der Fall ist.

Zwar kann keine Impfung einen 100%igen Schutz vor einer Infektion gewährleisten: Aber die Schutzwirkung nach einer einmaligen MMR-Impfung liegt bei 94-95%, die Impfeffektivität der zweimaligen Masernimpfung zur Verhinderung einer Masernerkrankung erreicht bis zu 99%.

Unter dem nachfolgenden Link finden Sie eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Paul-Ehrlich-Instituts, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, zur Qualität und Sicherheit von Impfstoffen.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/I/Impfen/Impfen_Stellungnahme_Wiss_Beirat_PEI.pdf

In Ihrer Nachricht äußern Sie verfassungsrechtliche Bedenken (Verstoß gegen die Grundrechte) im Zusammenhang mit dem Masernschutzgesetz. Mit der bußgeldbewehrten Vorgabe, nach der bestimmte Personen einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern aufweisen müssen, erfolgt ein mittelbarer Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG.

Allerdings ist dieser Eingriff mit dem verfolgten öffentlichen Ziel des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt. Denn bei gefährlichen übertragbaren Krankheiten steht der Schutz der Allgemeinheit über dem Anspruch des Einzelnen auf Autonomie. Der Staat hat eine aus Art. 2 GG abgeleitete Schutzpflicht auch denen gegenüber, die sich (noch) nicht selbst vor Maserninfektionen schützen können. Daher bin ich davon überzeugt, dass das Masernschutzgesetz im Einklang mit dem Grundgesetz steht.

Eine Sorge kann ich Ihnen nehmen. Das Gesetz sieht für Personen, die ohne erhebliche Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit nicht geimpft werden können, Ausnahmen vor. Hier bedarf es eines ärztlichen Attestes, um dies zu belegen.

In der Diskussion wird auch oft die Verletzung des Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG durch die Impfpflicht gerügt. Insoweit ist schon fraglich, ob sich eine Entscheidung der Eltern gegen die Impfung überhaupt innerhalb der Grenzen des Elterngrundrechts bewegt. Daran bestehen aufgrund der Tendenz des Bundesgerichtshofes (BGH), die Impfung als Teil des Kindeswohls zu betrachten und daraus folgend unter bestimmten Voraussetzungen im Zweifelsfalle den die Impfung bejahenden Elternteil allein entscheiden zu lassen, erhebliche Zweifel (BGH, Beschluss XII ZB 157/16 vom 3. Mai 2017).

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz durch das Bundesverfassungsgericht abschließend geklärt werden wird.

Allerdings gilt: Auch wenn eine allgemeine Impfpflicht gegen Masern von Karlsruhe nicht beanstandet werden sollte, so muss ihre Notwendigkeit anhand medizinisch wissenschaftlicher Erkenntnisse in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

Mit freundlichen Grüßen

Mark Helfrich

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