Marita Wagner
DIE LINKE
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Frage von Herbert D. •

Frage an Marita Wagner von Herbert D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Wagner,

die FDP propagiert immer wieder, dass "Privat vor Staat" geht und macht sich stark für "freie Märkte", also weniger Staat und mehr Deregulierung. Gleichzeitig ist sie gegen den Mindestlohn aber für einen "Arbeitszwang" für Langzeitarbeitslose und Jugendliche unter 25 ( http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2010%2F04%2F19%2Fa0019&cHash=df5f627ce2 ). Der Langzeitarbeitslose hat nicht die "Freiheit" zu entscheiden für welchen Lohn er arbeiten will, er muss sich auch mit einem "Sklavenlohn" zufrieden geben. Hier ist die Freiheit der Märkte (Arbeitsmarkt) eingeschränkt und das führt(e) zum Ausbau des Niedriglohnsektors.

Wie will die Partei Die Linke den Niedriglohnsektor wieder zurück bauen, ohne das Arbeitsplätze verloren gehen ? Warum will Ihre Partei den gesetzlichen Mindestlohn ? Vernichtet dieser denn keine Arbeitsplätze ? Meinen auch Sie, wie es z.B. die Franzosen tun, dass die Lohnpolitik (Niedriglohn, Zurückhaltung bei Lohnsteigerungen,..) in Deutschland der EU schadet und letztendlich auch Deutschland selber ? Warum sollte das so sein ? Wie und welche Arbeitsplätze wollen Sie in NRW schaffen ? Wie wollen Sie moderne und innovative Unternehmen nach NRW holen ? Wie wollen Sie die Auswanderung von Fachkräften (Pflegekräfte, Krankenschwestern, Naturwissenschaftlern, Ingenieure, Techniker, Handwerker, Ärzte, ...) aus Deutschland aufhalten ? Ist die Linke gegen die Freiheit der Märkte und gegen die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen (PPP)?

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Derksen

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Derksen,

Gerade die Deregulierung hat die Weltwirtschaft direkt in die Finanzkrise geführt und hält sie dort aktuell immer noch fest. Inzwischen ist man in den USA diesbezüglich ja schon weiter als die FDP hierzulande. Sogar die Demokraten haben erkannt, dass man nur mit einer ausreichenden Regulierung wieder Vertrauen in die Märkte bringen kann - ein Vertrauen, das Hasardeure zu Grunde gerichtet haben und das dem Kapitalismus geopfert wurde.

Denn Regulierung bedeutet keinen Verlust an Freiheit, sondern ein notwendiges Mindestmaß an Vorschriften für Rechtsgeschäfte. Es ist keine Freiheit, wenn der Vertragspartner einen nach Belieben betrügen, berauben und übervorteilen darf.

Die Regierung und die Grossindustrie loben Deutschland als Exportland. Sie übersehen aber geflissendlich, dass der Binnenmarkt fast zum Erliegen gekommen ist. Dies ist, wie auch innerhalb der EU kritisiert wird, einer zu restriktiven Lohnpolitik zu danken. Während in anderen EU-Ländern das Lohnniveau deutlich gestiegen ist, steht Deutschland inzwischen in Konkurrenz zu den Billiglohnländern.

Dies ist mehrfach fatal:
1. Können die viele Menschen in Deutschland die Produkte nicht mehr kaufen, weil sie das Geld dafür nicht haben.
2. Ist Deutschland völlig abhängig vom Export, der jederzeit, wie zum Beispiel bei der Finanzkrise, einbrechen kann. Eine gesunde Wirtschaft muss in der Lage sein, Profite sowohl im Ausland als auch im Inland zu realisieren, und nur so ist überhaupt eine nachhaltige Entwicklung und Sicherung möglich.

Niedriglöhne sind insofern fatal, denn sie höhlen die Wirtschaftsbasis aus und behindern die Wirtschaft. Mit Niedriglöhnen können keine Arbeitsplätze geschaffen werden, von denen Menschen leben können. Ebenso katastrophal sind die Auswirkungen für zukünftige Generationen, weil zu wenig Geld in die Sozialversicherungen fließt. Es ist dringend geboten, dass die Leiharbeit wieder auf das reduziert wird, wofür sie eigentlich einmal gedacht war - nämlich Spitzen abzufangen. Heutzutage ist sie ein Instrument zur Senkung der Löhne, zur Disziplinierung der fest angestellten ArbeiterInnen und zur Knebelung der Arbeitsagenturen.

Auch die Abwanderung von qualifizierten Fachkräften kann nur aufgehalten werden, indem adäquate Löhne gezahlt werden und die Arbeitszeiten an EU-Normen angepasst werden. Sobald wieder Qualität, und nicht die kurzsichtige Kostenreduzierung an den völlig falschen Stellen, in Deutschland eine Rolle spielen, werden wir eine weitere Abwanderung verhindern können. Der bisherige Trend zeigt aber leider, dass versucht wird über Billigstrategien die Versorgung mehr schlecht als recht aufrecht zu erhalten. Da holt man sich die Fachkräfte aus Ländern, in denen noch schlechter bezahlt wird und kann damit den Qualitätsanforderungen nicht mehr gerecht werden - Qualitätsanforderungen, die den wirtschaftlichen Erfolg im Export aber erst möglich gemacht haben.

Die Anforderung an Märkte besteht nicht darin, "frei" zu sein, sondern Wettbewerb zu ermöglichen. Die ungezügelte Freiheit der Märkte aber lässt diese Märkte buchstäblich "umkippen". Dieses Umkippen hat sich so gezeigt, dass über Privatisierungen ein Weg gegen die Bürgerinnen und Bürger und für die Großkonzerne beschritten worden ist. Es wurden monopolartige Abhängigkeiten geschaffen, die nur dem Privatisierer nützen. Die Linke tritt deutlich ein für die Bürgerinnen und Bürger und fordert deshalb, dass die Privatisierung zurückgenommen und aufgehalten werden muss.

Mit freundlichem Gruss,

Marita Wagner