Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Sachsen?
Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Sachsen bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?
Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.
Guten Tag Norbert S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich gehe davon aus, dass unser Parteiprogramm und auch das Wahlprogramm keine genaue Definition des Begriffs Ausbeutung gibt, da dieser von der marxistischen Theorie geprägt ist und diese zu komplex ist, um vollumfänglich in den Programmen erklärt zu werden. Wenn ich mich an einer kurzen Erklärung versuche, würde ich Ausbeutung folgender Maßen beschreiben: Ausbeutung ist eine Folge der kapitalistischen Produktions- und Wirtschaftsweise, in dem Sinn, dass die arbeitende Bevölkerung nicht (gleichberechtigt) am Besitz der Unternehmen, also den Gütern, die die Arbeitenden selbst produzieren, beteiligt ist. Damit wird der erwirtschaftete Gewinn nicht gerecht unter den Beschäftigten aufgeteilt, sondern geht an die Eigentümer*innen. Hinzu kommt, dass gerade auch in Deutschland sehr viele Beschäftigte Löhne bekommen, die nicht einmal für das Nötigste zum Leben reicht. Die Arbeiter*innen haben keinen oder nur sehr geringen Einfluss auf die Art des Produzierens und der Produkte. Dieses Ungleichgewicht zwischen den Eigentümer*innen der Unternehmen und dessen Arbeiter*innen führt auch zu den Problemen, wie Immobilien- und Bodenspekulationen, die Sie angeführt haben, wobei ich Ihnen völlig Recht gebe. Diesem Problem versuchen wir uns als Partei auch anzunehmen.
Da der Begriff Ausbeutung recht allgemein und abstrakt ist, habe ich das Gefühl, dass es auch nicht ganz einfach ist dazu Zahlen zu erfassen. Arbeitsmarktpolitik ist in der konkreten Gesetzesausgestaltung auf Bundesebene. Hier versuchen meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag trotzdem durch zahlreiche Anfragen an die Bundesregierung genauer zu erfassen, wie viele Menschen im Land von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen betroffen sind. Beispielsweise haben diese Anfragen ergeben, dass rund vier Millionen Beschäftigte in Deutschland zu Niedriglöhnen arbeiten oder dass die Beschäftigten im vergangenen Jahr rund 700 Millionen unbezahlte Überstunden geleistet haben und deutsche Unternehmen dadurch im rund 28 Milliarden Lohnkosten eingespart haben.
Tatsächlich kommt zumindest das Wort Ausbeutung in nahezu all unseren Wahlprogrammen [1][2] und im Grundsatzprogramm [3] vor. Auch sonst gehe ich davon aus und hoffe, dass diese Thematik, wie ich sie aus meiner Perspektive oben beleuchtet habe ausreichend klar in den Dokumenten beschrieben wird und sich unsere Arbeit auch danach richtet. Ein Beispiel dafür wäre z. B. unser Steuerkonzept. Hier würden beispielsweise alle Beschäftigten, die weniger als 7000 Euro Einkommen haben entlastet, während alle darüber dies ausgleichen würden. Ebenso würden Vermögende nach unseren Konzepten zur Vermögens- und Erbschaftssteuer deutlich stärker in die Verantwortung genommen. Falls diese Dinge aus ihrer Sicht nicht ausreichen, sind wir für konkrete Hinweise und Anregungen natürlich offen.
Mit freundlichen Grüßen
Marika Tändler-Walenta
[1] https://btw2021.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2021/Wahlprogramm/DIE_LINKE_Wahlprogramm_zur_Bundestagswahl_2021.pdf
[2] https://www.dielinke-sachsen.de/wahlen/landtagswahl-2019/wahlprogramm-zur-landtagswahl-2019-langfassung/