Frage an Marian Husmann von Janes G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Husmann,
ich bin ein 17-jähriger Schüler und besuche zurzeit die gymnasiale Oberstufe einer Schule in Ihrem Wahlkreis.
Besonders wegen des in den letzten Jahren stark zunehmenden Unterrichtsausfälle und der ohnehin schon überfrachteten Lehrpläne ist das angestrebte Ziel des Zentralabiturs mit wachsendem Druck und oftmals selbstständigem Erarbeiten neuer Themenkomplexe ohne fachkompetente Lehrkräfte verbunden.
Der Unterrichtsausfall erreicht gerade in der gymnasialen Oberstufe astronomische Größen von quartalsweise fast 40% Mehrmonatige Komplettausfälle, zum Beispiel in Chemie, Englisch oder sogar in abiturrelevanten Leistungskursen werden größtenteils gar nicht vertreten.
Problematisch in dem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Langzeiterkrankte Lehrer nur jeweils für 14 Tage krankgeschrieben werden und deshalb keine Vertretungslehrer angefordert werden können.
Ebenfalls problematisch ist die mittlerweile extrem schlechte Ausstattung der Klassenräume.
Die technischen Geräte sind seit Jahren nicht erneuert worden und zu großen Teilen defekt.
Vor allem mangelt es an wichtigen Tageslichtprojektoren – für jeden medienbewussten Lehrer ein Muss.
Die ständigen technischen Probleme mit Audiogeräten, Tagelichtschreibern oder Fernsehern behindert den von den Lehrern vorbereiteten Unterricht sehr häufig und wertvolle Unterrichtszeit geht verloren.
Die Zustände – nicht nur an meiner Schule – sind nicht nur für uns Schüler, auch für unsere Lehrer und andere Mitarbeiter kaum weiter hinnehmbar.
Deshalb frage ich Sie, als Kandidat für das für Bildungspolitik verantwortliche Landesparlament, wie sie die verheerenden Bildungsmissstände zu beheben, ja zumindest zu verringern gedenken, da sich jene in den letzten Jahren nicht nur in unserem Kreis nochmals gravierend verschlechtert haben.
Zudem interessiert mich, ob sie einen erstmalig auch für unseren Kreis geplanten Bildungsstreik in diesem Jahr unterstützen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Janes Grewer
Sehr geehrter Herr Grewer,
Lieber Janes,
deine Kritik am bestehenden Bildungssystem kann ich voll und ganz unterstützen. Im folgendem möchte ich detailliert auf deine einzelnene Kritikpunkte eingehen:
Zum Zentralabitur: Eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse in NRW finde ich wichtig. Diese kann aber nicht zu Lasten der SchülerInnen und LehrerInnen gehen. Die viel zu eng gestrickten Lehrpläne sind extrem unflexibel und es ist nicht möglich größere Unterrichtsausfälle abzufedern. Auch sorgt das Zentralabitur dafür, dass nur streng nach den Vorgaben gelernt wird. Entwickelt eine SchülerIn Interesse für ein Thema und möchte tiefgehendere Informationen haben, so muss sie sich diese meist selbstständig erarbeiten. Da ich selber im Jahr 2009 mein Abitur gemacht habe bin ich direkt hiervon betroffen gewesen. Mir ist es sogar passiert, dass LehrerInnen bewusst auf Lücke unterrichtet haben mit der Begründung: "Das kommt eh nicht dran" oder "Dann nehmt ihr einfach das andere Thema".
Zum Unterrichtsausfall: Wie die Situation an speziell deiner Schule ist kann ich nicht beurteilen. Das Problem des Unterrichtsausfalls ist laut Landesregierung zurückgegangen. Dies ist aber eine glatte Lüge. Der Druck auf die Schulen ist riesig, bloß keinen ausgefallenen Unterricht an die Schulbehörden zu melden. Denn die Schulen bekommen den schwarzen Peter, selbst wenn nicht besetzte Stellen vernünftige Vertretungsregelungen unmöglich machen. Das ist in vielen Schulen der Fall. Vor allem aber werden die Zahlen auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler erkauft, denn die Art des Vertretungsunterrichts ist in vielen Fällen fragwürdig. Oberstufenschülerinnen und -schüler erhalten z. B. Anweisung, bei Unterrichtsausfall in den Klassen sitzenzubleiben. In der Statistik nennt sich das dann ´eigenverantwortliches Lernen´.
Zur Ausstattung der Schulen: Unser Bildungssystem ist extrem unterfinanziert. Die Auswirkungen beschreibst du ja selber. Kaputte OHPs, kaum vorhandene Beamer, keine PCs, keine Geräte für Experimente in Chemie, Bio oder Physik. Von Sportgeräten mal ganz zu schweigen.
Was gedenke ich zu verändern: Wir sollten uns zwar davor hüten die Schulen in NRW schlecht zu reden, müssen aber trotzdem der Realität ins Auge gucken. Wir brauchen mehr LehrerInnen an den Schulen (Und keine Scheineinstellungen wie sie die Schwarz-Gelbe Landesregierung vornimmt). Mehr Geld im Bildungssystem durch einen Bildungssoli. (Statt Soli Ost, das Geld in Bildung stecken) Dinge wie Turboabitur, Kopfnoten und Studiengebühren gehören schnellstmöglich abgeschafft.
Für weitergehende Infos guck doch mal auf http://www.gruene-nrw.de/bildung.html
Die Antwort auf deine letzte Frage bin ich noch schuldig: Ich würde den Bildungsstreik nicht nur unterstützen ich würde sogar selber daran teilnehmen. Letztes Jahr habe ich den Bildungsstreik in Telgte mitorganisiert (immerhin 130 Schülerinnen nahmen an kleiner Demo teil und sind mit uns nach Münster gefahren). Im Herbst war ich erst in Ibbenbüren, dann in Osnabrück und zur anschließenden Kundgebung in Münster.
Ich würde mich freuen, wenn du den Bildungsstreik gemeinsam mit der BezirksschülerInnenvertretung auf die Beine stellen würdest. Aus meiner Zeit als stellvertretender Sprecher weiß ich, dass das nicht einfach ist. Die Presseresonanz ist aber immer super. Lasst uns gemeinsam rufen: Wir sind hier wir sind laut weil schwarz-gelb die Bildung klaut ;-)