Frage an Maria Böhmer von Daniel B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Derzeit geistert, wie man diversen Pressemeldungen entnehmen kann, der Entwurf des "Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" durch Kabinett und Parlament, das es jedem Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ künftig erlauben soll, das Surfverhalten seiner Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen.
Deklariert wird dies zwar als Maßnahme Störungserkennung, tatsächlich würde der Vorstoß die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im Internet legalisieren. Die Surfprotokolle dürften an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine richterliche Anordnung ist für diesen Fall offenbar nicht vorgesehen und eine Beschränkung auf schwere Straftaten soll wohl es ebenfalls nicht geben.
Damit wird quasi durch die Hintertür eine Überwachungsmöglichkeit geschaffen, die über die bereits beschlossene und nebenbei bemerkt verfassungrechtlich bedenkliche Vorratsdatenspeicherung weit hinausgeht. Wie stehen Sie zu besagtem Gesetzentwurf ?
Sehr geehrter Herr Bauer,
gerne möchte ich zu Ihrer Frage Stellung nehmen.
Vom Bundeskabinett wurde am 14. Januar 2009 ein Gesetzentwurf zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes beschlossen. Teil dieses Entwurfs ist die von Ihnen angesprochene Änderung des Telemediengesetzes.
Die Meldungen, diese Änderung ermögliche den Anbietern von Internetdiensten, das Surfverhalten jedes Besuchers ohne Anlass aufzuzeichnen, sind auf eine nicht zutreffende Interpretation dieses Entwurfs zurückzuführen.
Der Änderungsvorschlag dient dazu, eine vorhandene Rechtsunklarheit, die aufgrund komplizierter Abgrenzungen der Regelungen im Telekommunikations- und Telemediengesetz entstanden ist, zu beseitigen. In Zukunft können Dienstanbieter Nutzungsdaten erheben, falls dies zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen ihrer technischen Daten erforderlich ist. Bisher war dies gem. § 100 Telekommunikationsgesetz nur dann möglich, wenn es sich bei der für das Internetangebot verwendeten Technik zugleich um eine Dienstleistung im Sinne des Telekommunikationsgesetzes handelte.
Nach den Bestimmungen beider Gesetze dürfen nur solche Daten erhoben werden, die der Anbieter tatsächlich benötigt, um Hackerangriffe auf seine Internetseiten zu erkennen und abzuwehren. Erhobenen Daten dürfen ausschließlich zu diesem Zweck verwendet werden.
Durch die vorgesehene Änderung des Gesetzes werden weder unbegrenzte Datenspeicherungen noch die Erstellung von Surfprofilen oder die Benutzung der Daten zu anderen Zwecken (wie z.B. die Weitergabe an die Unterhaltungsindustrie) ermöglicht. Neue Befugnisse für Polizei-, Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden werden durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung ebenfalls nicht geschaffen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Befürchtungen durch meine Ausführungen ausräumen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Böhmer