Frage an Maria Böhmer von Tobias H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Fr. Böhmer,
vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort vom 21. August 2009. Bitte erlauben Sie mir eine Rückfrage:
Sie schreiben: "Der Versuch, über Dritte, etwa im Lande lebende türkische Staatsangehörige, auf die türkische Regierung einzuwirken, würde von dieser zu Recht zurückgewiesen und dem Anliegen nur schaden."
Was ich dabei nicht verstehe: eine türkische Regierungsbehörde - die Religionsbehörde DiTiB - sitzt direkt und über ihre Verbände bei den Integrationsgesprächen mit am Tisch und stellt auch direkt Forderungen wenn es um die Rechte von Moslems in Deutschland geht - also auch die Rechte von zum islam konvertierten Deutschen - immer mit am Tisch. Warum weist die deutsche Regierung dann nicht "zu Recht" - wie Sie schreiben - die Einwirkung von Dritten auf rein innere Angelegenheiten Deutschlands nicht ebenso zurück?
Als es in Ludwigshafen zu einem Hausbrand kam, laut Polizei wahrscheinlich weil der türkische Hausbesitzer Feuerschutzvorschriften missachtet hatte, entsandte die Türkei sogar Polizeibeamte nach Deutschland.
Wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund dieser permanenten Übergriffe der türkischen Regierung gegen die christlichen Ureinwohner der Türkei die Beteiligung genau dieser Regierung bei den Integrationsbemühungen der Türken in die deutsche Bevölkerung?
Für Ihre freundliche Antwort danke ich Ihnen bereits im Voraus,
Mit freundlichen Grüßen
T. Hei nz
P.S.:
Nicht ganz nachvollziehen kann ich Ihr Statement über das Kloster der christlich-aramäischen Ureinwohner in Mor Gabriel. Leider ging das Hauptverfahren gegen das mehr als 1600 Jahre alte Kloster am 24. Juni nicht zugunsten des Klosters auf. Eine zweites Verfahren wurde zugunsten des Klosters entschieden. Das Verfahren wurde von den christlichen Ureinwohnern als "niederschmetterndes Ergebnis" beurteilt. Die Berufung steht jetzt für September an - gleichzeitig wurde gegen den Vorsitzenden des Stiftungsrates der Gemeinde ein persönliches Strafverfahren eingeleitet.
Sehr geehrter Herr Heinz,
die Verständigung über die Religionsgrenzen hinweg ist mir persönlich ein wichtiges Anliegen. Der Dialog der Kulturen und Religionen ist eine grundlegende Voraussetzung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für ein gedeihliches Miteinander in unserem Land. Dies muss geprägt sein von Einsicht, Aufrichtigkeit und gegenseitiger Toleranz.
In diesem Jahr feiern wir 60 Jahre Grundgesetz, unsere freiheitliche Verfassung, die auch - und ganz besonders - die Religionsfreiheit schützt. Und diese Freiheit steht nicht nur auf dem Papier - sie wird täglich gelebt, von Muslimen, von Christen, von Juden, von Menschen aller Glaubensrichtungen.
Ich setzte mich daher ein für eine Gesellschaft, die im Rahmen des Grundgesetzes und vor dem Hintergrund ihrer kulturellen, historischen und religiösen Entwicklung die Vielfalt an religiösen und weltanschaulichen Orientierungen integrieren kann.
Die Politik steht hier in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen auszugestalten. Die muslimischen Verbände und Religionsgemeinschaften sind unsere Partner in der Vermittlung unserer gemeinsamen Ziele und deren Verankerung in ihren Gemeinden.
Zur Förderung des interreligiösen Dialogs mit den Muslimen in Deutschland hat die Bundesregierung im Jahr 2006 die Deutsche Islam-Konferenz ins Leben gerufen. Ein wichtige Rolle bei der Deutschen Islam-Konferenz hat auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) gespielt. Die DITIB hat sich dabei als integrationsorientiert gezeigt. Unter anderem wird in deutscher Sprache veröffentlicht, es finden Tagungen zu integrationspolitischen Themen statt, und es wurde das Amt eines Dialogbeauftragten eingerichtet. Aktuell ist die DITIB beispielsweise an der Interkulturellen Woche beteiligt.
Muslimische Verbände sind als Brückenbauer gefragt. Das öffentliche Bekenntnis der Vertreter der muslimischen Verbände zur deutschen Werteordnung sowie zum Grundgesetz ist ein Meilenstein auf diesem Weg! Ich bin zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren den erfolgreichen Weg des Dialogs und der Integration fortsetzen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Böhmer