Frage an Margrit Graf-Linseis von Claudia H. bezüglich Bildung und Erziehung
Wie stellen Sie sich die Schule der Zukunft vor?
Liebe Claudia Hofmann,
Vielen Dank für Ihre Frage.
Die Schule der Zukunft beinhaltet für mich
- kleine Klassen (bis max. 20 Schüler)
- 8 Jahre gemeinsames Lernen
- Aufteilung in Realschule und Gymnasium erst nach der 8.Klasse
- Benotung erst ab der vierten Klasse
- Förderung der SchülerInnen nach ihren individuellen Begabungen
- Förderung der SchülerInnen bei individuellen Schwächen
- Kostenlose Förderung in den Bereichen Kunst, Sport und Musik
- Kein "sitzen bleiben"
- Ganztagsschule
- Kostenloses gesundes Mittagessen in der Schule
- Absolute Lehrmittelfreiheit
Die Schule der Zukunft wäre eine Schule, in der den Kindern, unabhängig von Nationalität, Religion oder Einkommen der Eltern, Respekt entgegengebracht wird. Eine Schule in der die Kinder in einer altersgerechten Umgebung motiviert und ihnen die Fähigkeiten vermittelt werden, die sie für ihr späteres Leben dringend benötigen -- nämlich Teamfähigkeit, Freude am Lernen, Toleranz, Kreativität, logisches Denken und nicht zuletzt Selbstbewusstsein und Lebensfreude.
Die Schule der Zukunft fördert jedes Kind gleichermaßen -- unabhängig vom Geldbeutel der Eltern!
Die Realität sieht leider anders aus:
Seit 50 Jahren Klassen mit über 30 Schülern -- seit gut 50 Jahren wird uns immer wieder, natürlich rechtzeitig vor der Wahl, versprochen, diesen unhaltbaren Zustand zu beseitigen -- und es hat sich immer noch nichts getan.
Nun ja -- jetzt wurde ein Nachtragshaushalt beschlossen -- es sollen ca. 2000 neue LehrerInnen eingestellt werden. Gerade rechtzeitig zur Landtagswahl. Aber wenn man bedenkt, dass es in Bayern über 8000 Schulen gibt ist diese Anzahl lächerlich -- wie soll ein zusätzlicher ¼-tel Lehrer pro Schule es schaffen die gravierenden Missstände an den bayerischen Schulen zu beseitigen? Da der bayerische Lehrkörper der älteste in der ganzen BRD ist, ist hier auch nicht auszuschließen, dass hier mit den 2000 neu eingestellten LehrerInnen nur die LehrerInnen ausgeglichen werden sollen, die dieses Jahr sowieso in Rente gehen.
Gerade in den letzten Jahren wurde ausgerechnet bei der "Aus- und Weiterbildung für LehrerInnen" gekürzt -- das ist untragbar.
Zur Einschulung müssen für die Kinder 150 EUR für Schulmaterialien aufgebracht werden, für die anderen Jahrgänge ca. 60 EUR - das sind Ausgaben, die für die Kinder aus Hartz IV Familien nicht geleistet werden können. In Bayern leben derzeit 160 000 Kinder in Hartz IV Familien. Diesen Kindern werden pro Monat 2,72 EUR für Schulmaterialien zugestanden. Von diesem Satz sind diese Kosten bei weiten nicht abdeckbar, was bedeutet, dass arme Kinder in Bayern von Anfang an benachteiligt sind.
Ein Akademikerkind im Freistaat hat bei gleicher Fähigkeit eine 7-fach höhere Wahrscheinlichkeit für den Besuch eines Gymnasiums als das Kind eines Facharbeiters. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die Bay. Verfassung: Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen!
In Bayern gehen 7% der SchülerInnen ohne Schulabschluss von der Schule ab -- in einer Hauptschule in München sogar 17 %! Eine so hohe Zahl kann man nicht den einzelnen Jugendlichen in die Schuhe schieben! Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen bei so erschreckend hohen Zahlen endlich aufwachen und die Fehler bei sich selbst suchen!
Für weiter Fragen stehe ich gerne zu Verfügung
Mit freundlichen Grüssen
Margrit Graf-Linseis