Frage an Margit Wild von Heinz V. bezüglich Senioren
Grüß Gott
In Deutschland ist das Bestattungswesen durch Landesbestimmungen gesetzlich geregelt. Aus diesen Regelungen geht insbesondere hervor, dass Verstorbene auf den dafür vorgesehenen öffentlichen Friedhöfen beigesetzt werden müssen. Dies gilt auch für Urnen. Man darf die Urne nicht mit nach Hause nehmen. Ich finde das ist eine reine Abzocke. Hier will man mit dem Tod auch noch Geschäfte machen.
Im Internet werden viele Wege angeboten um dieses Gesetz legal zu umgehen. Es wird Zeit dass der Gesetzgeber erlaubt die Urne ohne Umwege mitzunehmen. Warum ist das nicht möglich?
Heinz Vogl
Sehr geehrter Herr Vogl,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie beklagen den „Friedhofszwang“ für Urnen in Bayern und möchten wissen, warum Urnen nicht mit nach Hause genommen werden dürfen.
Wie Sie richtig herausstellen ist der „Friedhofszwang“ in Bayern gesetzlich angeordnet, nämlich in Art. 1 Bayerisches Bestattungsgesetz (BestG). Art. 1 Abs. 1 S. 1 BestG sieht drei Arten der Bestattung vor: die Erdbestattung, die Feuerbestattung und die Seebestattung. Für die von Ihnen angesprochene Feuerbestattung ist die Beisetzung der in einer festen Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte vorgesehen. Dabei ordnet Art. 1 Abs. 1 S. 2 BestG ausdrücklich den Friedhofszwang an. Ausnahmen vom Friedhofszwang regelt Art. 12 BestG; allerdings darf auch nach dieser Vorschrift die Urne nicht mit nach Hause genommen werden.
Diese Rechtslage stößt teilweise auf Unverständnis. So vermuten auch Sie hinter dem Friedhofs- bzw. Beisetzungszwang „Abzocke“. Ich möchte Ihren Blick aber auf die Ziele lenken, die der Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgt:
Der Friedhofszwang entwickelte sich in der Geschichte vor allem aus hygienischen Gründen, die mit Blick auf die Feuerbestattung ein derartiges Gebot freilich nicht mehr rechtfertigen können. Darüber hinaus gewährleistet der Zwang zur Beisetzung aber die Totenruhe, die als wichtiges Rechtsgut in unserem Rechtskreis anerkannt ist und etwa auch im Strafrecht (§ 168 StGB) geschützt wird. Auch die Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber zur Gewährleistung der Totenruhe. Eine Pflicht zum Schutz der Menschenwürde über den Tod hinaus statuieren Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 100 BV. Da es bei einer „freien Mitnahme“ von Urnen dem Staat unmöglich ist, über einen pietätvollen, die postmortale Menschenwürde achtenden Umgang mit den Überresten der Verstorbenen zu wachen, hält es der bayerische Gesetzgeber zu Recht für geboten, einen Beisetzungszwang (i. d. R. auf Friedhöfen) anzuordnen.
Dadurch wird außerdem sichergestellt, dass jeder, der danach ein Bedürfnis hat, sich von dem Verstorbenen in Würde verabschieden kann. Würde der Umgang mit Urnen freigestellt, käme es möglicherweise zu Konflikten unter den Hinterbliebenen über deren Aufbewahrung etc. Die gesetzliche Regelung ist dazu geeignet, auch derartigen Problemen vorzubeugen.
Natürlich handelt es sich bei dem Friedhofszwang um ein generalisierendes Gebot, das ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles eine Beisetzung anordnet. Dies mag, was ich durchaus nachvollziehen kann, von einigen als ungerecht empfunden werden. Insbesondere Personen, die mit der Urne würdevoll umzugehen gedenken, kritisieren diese Anordnung.
Allerdings müssen Sie dem Gesetzgeber zugestehen, dass er insoweit eine Abwägungsentscheidung zugunsten einer generalisierenden Regelung getroffen hat. Der Hintergrund liegt auf der Hand: Der Verwaltung ist es schlicht unmöglich, den würdevollen Umgang mit den Urnen im Einzelfall zu prognostizieren bzw. zu überwachen. Ausnahmeregelungen wären daher in der Praxis nicht umsetzbar. Ein genereller Friedhofs- bzw. Beisetzungszwang ist demnach das einzig geeignete Mittel, den oben angesprochenen Gemeinwohlinteressen Geltung zu verschaffen. Monetäre Gesichtspunkte spielen dabei – entgegen oft geäußerter Kritik – nach meiner Meinung keine Rolle.
Ich hoffe, mit dieser Antwort bei Ihnen Verständnis für die aktuelle Rechtslage in Bayern geschaffen zu haben, die – soweit ersichtlich – auch von weiten Teilen der politischen Landschaft konsentiert wird. Freilich kann ich Ihrem Anliegen damit nicht abhelfen, doch immerhin glaube ich, die wesentlichen Erwägungen aufgezeigt zu haben, die einen Friedhofszwang rechtfertigen.
Mit freundlichen Grüßen
Margit Wild, MdL