Frage an Marcus Worm von Stefanie U. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Worm
ich habe zwei Fragen zum Themenbereich Psychotherapie an Sie.
Zum einen würde mich interessieren, wie Sie zum neuen Versorgungsstrukturgesetz stehen. Darin ist festgelegt, dass ca. ein Drittel aller Psychotherapie-Kassensitze abgebaut werden soll. Grundlage dafür sind Zahlen aus dem Jahr 1999 (die damals schon falsch waren), mit denen belegt wird, dass es angeblich eine Überversorgung durch Psychotherapieplätze geben soll. Tatsache aber ist, dass die durchschnittliche Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz bundesweit 6 Monate (in Berlin 4 Monate) beträgt, d.h. es gibt keine Über-, sondern eine Unterversorgung. Für die Patienten bedeutet das, dass sie nun noch länger auf einen Platz warten müssen, zur Überbrückung der Wartezeit in eine Klinik gehen müssen und dass die Tendenz zur Chronifizierung und Arbeitsunfähigkeit noch größer wird. Infolgedessen sind es noch größere Kosten für das Gesundheitswesen. Das Ziel durch Abbau von Psychotherapieplätzen Kosten einzusparen ist damit deutlich verfehlt. ( http://piaportal.de/home.html , http://www.bdp-verband.org/bdp/presse/2011/12_unterversorgung.html ).
Meine zweite Frage bezieht sich auf das Psychotherapeutengesetz. Im Rahmen der Psychotherapie-Ausbildung muss die Praktische Tätigkeit (PT) mit 1800 Stunden absolviert werden. Im Gesetz steht, dass die PT gemacht werden muss, aber nicht, dass sie vergütet wird. Das bedeutet, dass die PiA (Psychotherapeuten in Ausbildung) zum Nulltarif arbeiten, da die Kliniken diese Lücke im Gesetz ausnutzen. Die PiA sind Dipl.-Psych./Dipl.-Päd und leisten professionelle Arbeit in den Kliniken. Die Kliniken sparen dadurch Planstellen ein und beuten die Fachkräfte auf gesetzlicher Basis aus. Wann kommt endlich eine Reform des Psychotherapeutengesetzes?
Mit freundlichem Gruß
Stefanie Ulrich
Liebe Frau Ulrich,
ihre beiden Fragen sind jeweils von bundespolitischer Relevanz und sind nicht im Abgeordnetenhaus von Berlin zu entscheiden. Mir sind diese Probleme aber durchaus bekannt, ich habe selbst einen Bekannten der sich in einer Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichentherapeuten befindet und kenne noch weitere Probleme aus diesem Bereich z.B. was die Zulassung zur Abschlussprüfung von bestimmten Berufsabschlüssen, etwa Musiktherapeuten, angeht, den unsicheren Umgang mit Bachelor-Abschlüssen und die gegenseitige Durchlässigkeit der Ausbildung und Approbation von Kinder und JugendlichentherapeutInnen und Psychologischen PsychotherapeutInnen.
Wir von Bündnis90/Die Grünen sehen wie die Psychotherapeutenkammern die Probleme des neuen Versorgungsgesetzes. Unsere Bundestagsabgeordnete Biggi Bender hat an die Bundesregierung folgende Kleine Anfrage gestellt: ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/066/1706632.pdf ) Der Kommentar von Biggi Bender zur Antwort: „Bei der Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen existiert eine im Vergleich zu anderen Ärztegruppen besondere Situation, die eine spezifische Antwort bei der Bedarfsplanung sowie dem Abbau von Unter- und Überversorgung erforderlich macht“.
Vielleicht helfen ja auch die verschiedenen Medienberichte über das Versorgungsgesetz und die damit einhergehende Verschlechterung der Versorgung, um die Bundesregierung zu einem Umdenken zu bewegen.
Wir von Büdnis90/Die Grünen setzen uns für eine angemessene Vergütung der PIA´s ein. Meiner Einschätzung nach kann angemessen nur bedeuten, dass die Pia´s das erhalten, was auch ein Arzt im Praktikum erhält. Eine Initiative von uns Grünen im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsgesetztes ist leider abgelehnt worden. Wir forderten damals die Bundesregierung auf, eine Übergangsregelung vorzulegen, die eine angemessene Vergütung und Refinanzierung der praktischen Tätigkeit von Psychologischen PsychotherapeutInnen sowie Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen in Ausbildung vorsah.
http://www.biggi-bender.de/bb/gesundheitspolitik/20101029_Psychotherapeutengesetz.shtml
Beste Grüße
Marcus Worm