Frage an Marcus Held von Carsten B.
Sehr geehrter Herr Held,
ich möchte mich an dieser Stelle an Sie wenden und fragen wie Sie bei der kommenden Abstimmung zum Frackingesetz stimmen werden? Als Wähler sind sie mein Vertreter im Bundestag und ich möchte Sie auffordern, sich im Bundestag für ein komplettes Fracking-Verbot ohne Schlupflöcher einzusetzen. Dabei ist es mir egal, ob es um „konventionelles“ oder „unkonventionelles“ Fracking geht. Ein solches Verbot muss zudem für alle Tiefen und zeitlich unbegrenzt gelten. Fracking hat in Deutschland keinerlei volkswirtschaftliche Relevanz da die Vorkommen viel zu gering sind. Das Risiko durch verpresste Lagerstättenwasser unser Grundwasser zu gefährden ist enorm hoch. Millionen Liter chemisch belasteter Bohrwässer müssen pro Bohrvorgang entsorgt werden und ebenso wie bei der Atomindustrie ist unklar wie dies geschehen soll. Unsere Versorguns- Sicherheit und Unabhängigkeit ist in keiner Weise abhängig vom Fracking aufgrund der viel zu geringen Vorkommen. Als Vater von drei Kindern bin ich für deren gesunde Umwelt mit verantwortlich und möchte Sie daher mit Nachdruck auffordern sich für ein komplettes Fracking Verbot einzusetzen. Ich werde mein Wahlverhalten definitiv von Ihrer Abstimmung abhängig machen. Für eine Antwort Ihrerseits bedanke ich mich im Voraus!
Sehr geehrter Herr Bock,
Nach geltendem Recht ist Fracking zur Erdgasgewinnung in Deutschland derzeit erlaubt. Dabei wird nicht zwischen „konventionellem“ und „unkonventionellem“ Fracking differenziert. Mit dem jetzt von Umwelt- und Wirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwurf wird das geändert.
Für uns jedenfalls ist klar: Der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers haben absolute Priorität! Ich begrüße sehr, dass bereits vor Verabschiedung des Gesetzes eine Debatte sowohl in der Bundesregierung und den Fraktionen als auch in der Bevölkerung zum Thema Fracking angestoßen wurde. Sie zeigt, wie wichtig es ist, dass wir endlich einen strikten und klaren Rechtsrahmen verabschieden.
Die konventionelle Erdgasförderung wird in Deutschland seit Jahrzehnten praktiziert. Daher ist dort der Erfahrungswert sehr hoch. Das unkonventionelle Fracking hingegen ist neu, sodass wir dessen Auswirkungen auf Umwelt und Natur nicht kennen. Zudem sind beim unkonventionellen Fracking wesentlich mehr Frack-Vorgänge erforderlich, und es wird pro Frack-Vorgang mehr Frack-Flüssigkeit eingesetzt. Außerdem findet es näher an der Oberfläche und damit an den grundwasserführenden Gesteinsschichten statt. Daher haben wir eine Grenze beschlossen, die Fracking-Bohrungen oberhalb von 3.000 m Tiefe für wirtschaftliche Zwecke nicht zulässt. So lässt sich rechtssicher zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking differenzieren.
In besonders schützenswerten Gebieten wie in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten, in allen Einzugsgebieten von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung sowie in Talsperren, die der öffentlichen Wasserversorgung dienen, wird das Fracking jeglicher Art komplett ausgeschlossen. Dies reduziert die mögliche Gebietskulisse für Fracking erheblich. Dieses Verbot kann zudem jederzeit durch landesrechtliche Vorschriften erweitert werden. Auch Naturschutzgebiete, Nationalparks sowie für Erdgas bei unkonventionellen Fracking-Maßnahmen die Natura 2000-Gebiete sind davon ausgeschlossen.
Unkonventionelles Fracking soll bis auf weiteres nur zu wissenschaftlichen Zwecken in geringen Dosen erlaubt sein. Diese Erprobungsmaßnahmen sollen auf Wunsch unseres Koalitionspartners von einer unabhängigen Expertenkommission begleitet werden, um die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Umwelt zu erforschen. Hinsichtlich dieser Expertenkommission sehen wir als SPD aber noch erheblichen Klärungsbedarf. Letztlich obliegt es aber weiterhin der Verantwortung der zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder, ob unkonventionelles Fracking genehmigt wird. Diese in Einzelfällen möglichen Genehmigungen können jedoch erst nach 2018 beantragt werden. Allerdings muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass der Deutsche Bundestag über den kommerziellen Einsatz des unkonventionellen Frackings entscheidet. Auch den Umgang mit dem Lagerstättenwasser, der bereits heute im Rahmen der Erdgasförderung z.B. in Niedersachsen eine wichtige Rolle spielt, werden wir problematisieren.
Für konventionelles Fracking soll ein strenges und transparentes Schutzregime eingeführt werden, das für alle Frack-Vorgänge und auch den Umgang mit Lagerstättenwasser gilt. Erste Voraussetzung dafür ist, dass für die Frack-Flüssigkeit nur Gemische mit Stoffen eingesetzt werden, die im Tiefengrundwasser ohnehin vorhanden sind und das Trinkwasser nicht gefährden. Außerdem müssen bei allen Tiefbohrungen umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden. Die SPD-Fraktion wird gemeinsam mit den unterschiedlichen Interessensgruppen und Sachverständigen prüfen, ob durch das vorliegende Gesetzespaket im Bereich des Berg- und Wasserrechts das oberste Ziel erreicht werden kann, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen bestmöglich zu schützen.
Darüber hinaus haben wir die sogenannte Beweislastumkehr beschlossen, die festlegt, dass bei Bergschäden, die auf Frack-Vorgänge oder andere Tiefbohrungen zurückzuführen sein könnten, zukünftig nicht mehr die Bürger diesen Zusammenhang beweisen müssen, sondern die Unternehmen nachweisen müssen, dass z.B. ein Erdbeben nicht auf Frack-Aktivitäten zurückzuführen ist.
Mit dem vorgelegten Regelungspaket wird das konventionelle Fracking endlich den strengen und transparenten Rechtsrahmen erhalten, der erforderlich ist. Dem unkonventionellen Fracking zu wirtschaftlichen Zwecken wird damit ein klarer Riegel vorgeschoben. Bevor dies in Betracht kommt, müssen wir genau wissen, welche Auswirkungen damit verbunden sind. Ob diese Technologie in Deutschland jemals umweltverträglich möglich sein wird, wird sich zeigen. Ob es für sie in Deutschland überhaupt einen Bedarf gibt, darf bezweifelt werden. Allerdings ist es nicht unser Ziel, eine neue Technologie für immer zu verbieten, sondern unsere Aufgabe ist es auszuschließen, dass es hierdurch zu Gefahren für Gesundheit und die Umwelt kommt.
Die Bundesregierung hat das sogenannte Regelungspaket zum Fracking im Kabinett verabschiedet. Damit ist der Weg frei für eine sorgfältige Beratung im Parlament. Wir werden all diese Fragen in den kommenden Wochen und Monaten intensiv im Deutschen Bundestag beraten.
Gerne stehe ich Ihnen für weitere Fragen persönlich zur Verfügung. Über mein Wahlkreisbüro in Worms (06241/305249) erfahren Sie die Termine meiner nächsten Sprechstunde.
Mit freundlichen Grüßen nach Spiesheim,
Marcus Held, MdB