Frage an Marcus Held von Benjamin S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Held,
wie stehen Sie zur der aktuell zur Abstimmung stehenden Vorratsdatenspeicherung? Sie wissen sicherlich, dass dieses vollkommen überzogene Mittel für Sicherheit spätestens seit dem NSA/BND-Skandal als nutzlos betrachtet werden kann. In Ländern wie Frankreich existiert seit Jahren eine Vorratsdatenspeicherung, welche, wie man bei dem Anschlag gegen die Charlie Hebdo-Redaktion gesehen hat, ihren eigentlichen Sinn verfehlt hat. Dazu kommt, dass die Täter sogar vorher schon unter Verdacht standen.
Man bedenke auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
"Eine weitere Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes im März 2011 kam zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in keinem EU-Land zu einer signifikanten Änderung der Aufklärungsquote von Straftaten geführt habe."
Es ist bekannt, dass zumeist wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen und es sich selten um Straftaten handelt. Aus diversen Papieren von Konzernen geht hervor, dass gezielt eine Speicherung von Daten zu Gewinnen eingesetzt wird.
Unabhängig davon ob Sie mir zustimmen oder nicht, freue ich mich über eine ausführliche Antwort, in der Sie sich hoffentlich ausreichend mit dem Thema beschäftigt haben. Haben Sie bspw. Studien, die Sie für ihre Argumentation heranziehen können?
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stabel
Sehr geehrter Herr Stabel,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Vorratsdatenspeicherung, zu der ich gerne Stellung nehmen möchte.
Mit dem Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas wird eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau bezeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post - also Email - eingeführt.
Oberste Richtschnur aller Regelungen sind für die SPD-Bundestagsfraktion die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Die von Bundesjustizminister Maas vorgelegten Leitlinien sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver als CDU/CSU es wollen.
Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen:
- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.
- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.
- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.
- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.
Deutschland hätte damit die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten in ganz Europa.
Für mich persönlich sind die Leitlinien eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren. Ich freue mich, wenn Sie den Gesetzgebungsgang verfolgen und darüber mit mir im Gespräch bleiben.
Mit freundlichen Grüßen,
Marcus Held, MdB