Frage an Marcel Raschke von Klaus-Peter L. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Raschke.
Neben den Berufspiloten müssen sich auch alle Privatpilotenpiloten neuerdings einer fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist? Bei unterlassener Beantragung der ZÜP wird übrigens eine Unzuverlässigkeit angenommen, welche den Widerruf der Lizenz zur Folge hat. Kommt dieses Gebahren nicht einer Nötigung gleich?
Ist dies nicht rein bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unbescholtenen Bürgern, die mit Terror nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht auch der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - untergraben? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen? Darüber hinaus gibt es bisher weder eine Durchführungsverordnung, noch ist geklärt, welche Umstände als “unzuverlässig” eingestuft werden.
Weltweit ist noch kein Terroranschlag von einem lizensierten Piloten ausgegangen. Es gab aber global jede Menge Anschläge durch Führerscheinbesitzer, Rucksackträger und Lastwagenfahrer. Stellen letztere nicht ein viel größeres "Gefahrenpotential" dar, kommen sie doch problemlos mit jeder Fracht mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die genannten Gruppen nicht auf die gleiche Weise überprüft, sondern lediglich die Minderheit der Privatpiloten? Ist Ihrer Meinung nach hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Welche Antwort hierauf kann ich an meine Vereinskollegen weitergeben?
Ich würden Sie gerne auch einmal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass Privatpiloten keine berechtigt verdächtigen Kamikazeterroristen sind. Am 20. und 21. August ist Flugplatzfest am Flugplatz Bielefeld.
Erwähnen möchte ich, dass nicht einmal die USA Lizeneinhaber, die seit längerem im Besitz einer Privat-Piloten-Lizenz sind, auf diese Weise überprüft. Übrigens auch keine Ausländer mit US-Lizenzen! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein. Halten Sie die Verhältnismässigkeit für gewahrt?
Über eine Antwort zu meinen Fragen würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Lukas
(Pilot im LSV Bielefeld-Gütersloh)
Sehr geehrter Herrr Lukas,
fuer meine sehr spaete Antwort bitte ich um Entschuldigung.
Nach den Anschlaegen des 11. September 2001 wurde weltweit ueber neue Massnahmen fuer mehr Luftsicherheit diskutiert. Das deutsche Luftsicherheitsgesetz setzt die EU-Verordnung fuer mehr Sicherheit in der Zivilluftfahrt um.
Die Innenministerkonferenz ist im Mai 2003 zu dem Ergebnis gekommen: Der Luftverkehr stellt gegenueber anderen Verkehrstraegern eine besondere Gefaehrdung dar. Durch die Nutzung eines Kleinflugzeuges als Tatwaffe koennen massive Schaeden angerichtet werden, wenn diese z. B. mit Sprengstoff beladen werden.
Es ist die Verantwortung des Staates, die Bevoelkerung vor Gefahren zu schuetzen. Eine Zuverlaessigkeitsueberpruefung halten wir fuer erforderlich. Wir teilen aber Ihre Auffassung, dass die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz zu buerokratisch sind. In den Verhandlungen hatten wir uns dafuer eingesetzt, die Zuverlaessigkeitsueberpruefung wie in der EU-Verordnung vorgesehen, alle 5 Jahre zu wiederholen. Eine jaehrliche Ueberpruefung ist uebertrieben und fuer die Betroffenen mit nicht verhaeltnismaessigen Kosten verbunden.
Wir werden uns deshalb als GRUENE hier fuer ertraegliche und vermittelbare Regelungen einsetzen. Durch die vorgezogene Bundestagswahl wurden die Verhandlungen unterbrochen.
Piloten sind nicht die einzigen Betroffenen. Zuverlaessigkeitsueberpruefungen gab es bereits vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes fuer Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiteten (z.B. Kernkraftwerke). Diejenigen Personen, die in beruflichem Zusammenhang regelmaessig in den sicherheitsrelevanten Bereichen der Verkehrsflughaefen taetig waren, z.B. Personal der Flughafenbetreiber und Luftfahrtunternehmen, sowie die Mitarbeiter der Flugsicherung, die einen Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, muessen sich einer regelmaessigen Sicherheitsueberpruefung unterziehen. Auch Hobbypiloten haben Zutritt zu den relevanten Sicherheitsbereichen und sind deshalb in die Ueberpruefung einzubeziehen.
Auch wir wissen, dass Zuverlaessigkeitspruefungen kein Allheilmittel gegen Bedrohungen sind, aber auf sie zu verzichten waere leichtfertig. Natuerlich ist es bedauerlich, dass sich viele rechtschaffene Buergerinnen und Buerger, die sich nie etwas haben zuschulden kommen lassen, diesem Verfahren unterziehen muessen. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat zu einer Verschaerfung der Sicherheitsmassnahmen gefuehrt. Wir setzen uns dafuer ein, dass das, was erforderlich ist, verhaeltnismaessig angewandt wird. Die Buergerinnen und Buerger bitten wir um Verstaendnis und Unterstuetzung.
Mit freundlichen Gruessen,
Marcel Raschke