Wie sollte sichergestellt werden, dass auf der Klimakonferenz die Interessen des Gemeinwohls und nicht der Industrie im Vordergrund stehen und wie stellen Sie dies bei Ihren Entscheidungen sicher?
Sehr geehrter Herr G.,
wie dringend der Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel ist, wurde uns vor wenigen Tagen noch einmal vor Augen geführt. Laut einer Studie, die am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgestellt wurde, ist bis zum Jahr 2050 mit 14,5 Millionen Klima-Toten zu rechnen! Extreme Wetterereignisse, Wasserknappheit, Ernteausfälle und steigender Meeresspiegel sind eine enorme Herausforderung für die Menschheit.
Umso bedeutender ist, dass im Abschlussdokument der COP28 zum ersten Mal in der Geschichte die Abkehr von fossilen Brennstoffen gefordert wird. Die Einigung auf die Abkehr von Öl, Gas und Kohle ist ein klarer Auftrag an alle unterzeichnenden Länder, ihre Energiesysteme schnellstmöglich auf saubere und günstige Energien umzustellen, weg von umweltschädlichen fossilen Brennstoffen. Nur so kann die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius in Reichweite bleiben.
Die Abkehr von fossilen Energieträgern geht einher mit einer Einigung, dass die Kapazitäten von erneuerbaren Energien verdreifacht werden. Auch die Bekämpfung von Methanemissionen, die unter anderem durch das Abfackeln von Erdgas verursacht werden, soll dem COP28-Deal zufolge beschleunigt werden. Eine erhebliche Reduzierung dieser Emissionen ist bis 2030 vorgesehen.
Nicht akzeptabel ist, dass es Nuklearenergie weiterhin als Teil der Lösung gelten soll. Es ist klar, dass Atomenergie nicht nachhaltig und nicht klimasicher ist. Atomkraft ist kein Ausweg aus der Klimakrise. Von den Sicherheitsrisiken und dem nicht gelösten Endlagerproblem abgesehen, ist Atomkraft viel zu teuer. Das Geld muss stattdessen in erneuerbare Energien investiert werden, die unendlich saubere Energie liefern können.
Ich begrüße, dass auf der COP28 ein Fonds für Verluste und Schäden eingerichtet wurde, um jene Länder finanziell zu unterstützen, die am stärksten von extremen klimabedingten Ereignissen betroffen sind. Die ersten Beiträge belaufen sich auf insgesamt 792 Millionen US-Dollar.
Die Gemeinwohl-Ökonomie, die Sie ansprechen, fragt zuerst nach den ökologischen und sozialen Konsequenzen des ökonomischen Handelns. Wir in der „ÖDP- die Naturschutzpartei“ sind davon überzeugt, dass eine Wirtschaft nur dann zukunftsfähig ist, wenn sie ihre ökologischen Grundlagen beachtet und dem Gemeinwohl verpflichtet ist, statt auf maximalen Profit und Überflügeln der Konkurrenz zu setzen. Unendliches Wachstum ist auf einem endlichen Planeten nicht möglich. Eine Wirtschaftspolitik, die auf permanentem Wachstum aufbaut, ist langfristig realitätsfern. Wir brauchen eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaft, die ohne Wachstumszwang auskommt.
Die „ÖDP - die Naturschutzpartei“ fordert deshalb, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht mehr der dominierende Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg sein darf. In Ergänzung ist eine Gemeinwohl-Betrachtung zu erstellen, die den Zweck des Wirtschaftens und die Bewertung von Erfolg anhand gemeinwohlorientierter Werte definiert.
Wir bekennen uns deshalb zu den Ideen und den Zielen der Postwachstumsökonomie und dem Grundsatz „Weniger ist mehr!“. Ziel ist ein Wohlstand, der nicht auf rein materielle Größen reduziert ist, sondern das Wohlergehen aller zum Ziel hat und die ökologischen Lebensgrundlagen erhält.
Mit anderen Worten: Wir wollen mit weniger materiellem Aufwand ein gutes Leben für alle ermöglichen. Das ist auch ein wesentlicher Beitrag gegen die Klimakrise.
Mit freundlichen Grüßen
Manuela Ripa