Manfred v. Campenhausen
Manfred von Campenhausen
ÖDP
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Frage von Dierk S. •

Frage an Manfred von Campenhausen von Dierk S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die Fragen sind verschiedenen Themenkreisen zuzuordnen. Sie werden ja auch bei allen Fragen stimmberechtigt sein. Bitte antworten Sie mir verbindlich, d.h., dass Sie Ihre Meinung auch in Argumentation und Stimmabgabe in Landtag vertreten werden, auch gegen Fraktionszwang. Sind Sie für oder gegen …
1. eine überproportionale Förderung der Gemeinschaftsschule?
2. für den Erhalt von spezialisierten Sonderschulen in den Kindern zumutbarer Entfernung?
3. Sprachprüfungen zwei Jahre vor der Einschulung mit gfl. verplichtendem Deutschunterricht?
4. eine Fachaufsicht für die Jugendämter?
5. die Offenlegung der Nebeneinkünfte der Landtagsabgeordneten?
6. die Offenlegung der Namen und Auftraggeber der Lobbyisten, die die Landtagsabgeordneten kontaktieren?
7. Kennzeichnung der Polizeibeamten im Einsatz?
8. gerichtliche Sicherung der Aufnahmen mit Bodycams bei Polizeieinsätzen.
9. Kostenbeteiligung der Veranstalter an Sicherungsmaßnahmen bei gewinnorientierten Großeinsätzen, z.B. im Sport?
10. die Einrichtung eines muslimischen Religionsunterrichts durch an deutschen Universitäten ausgebildete Lehrer?

Manfred v. Campenhausen
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Schäfer,

vielen Dank für Ihre zehn Fragen, die ich (erst teilweise) gerne nach besten Wissen und Gewissen beantworten möchte.

Da Sie durch Ihre Formulierung erzwingen wollen, dass ich mich jetzt ohne jeden Spielraum darauf festlege, was ich in zwei Jahren entscheide, will ich ausdrücklich vorausschicken: Eine verbindliche Antwort in ihrem Sinne werde ich Ihnen nicht geben. Wir haben eine repräsentative Demokratie mit einem freien Mandat, keinem imperativen.
Damit ist nicht gemeint, dass der Kandidat bedenkenlos mal dies, mal das daherreden und als Abgeordneter etwas ganz anderes tun soll, aber er soll frei sein, zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen so zu entscheiden, wie es ihm zu dem Zeitpunkt seiner Verantwortung für das Volk am ehesten zu entsprechen scheint. Wenn er an der als falsch erkannten Aussage festhielte, obwohl sein Blick sich in der Zwischenzeit geweitet hat, würde er seine Wähler um seine Urteilskraft betrügen, um derentwillen er gewählt wurde.

Wenn Sie in Sachfragen direkt mitentscheiden wollen, so müssen Sie die Entscheidung per Volksantrag oder Volksbegehren an sich ziehen. Dass der Weg dahin offen bleibe oder gar noch weiter geöffnet werde, gehört zu den Dingen, für die ich mich einsetze. ( https://www.mitentscheiden.de/11975.html?tx_mdkandidatencheck_pi1%5Bsearch_district%5D=1980 )

In den Landtag wählen Sie aber nicht Sachaussagen, sondern Personen mit dem Auftrage, für Sie zu entscheiden, und ich behalte mir vor, meine Entscheidung im vollen Bewusstsein meiner Verantwortung den dann möglicherweise veränderten Umständen und Erkenntnissen anzupassen. Aus welcher Grundhaltung heraus ich das tue, mögen Sie, abgesehen vom veröffentlichten Programm (s. www.oedp-bw.de ) den folgenden Antworten entnehmen, und dass ich mir treu bleibe, das immerhin kann ich Ihnen versprechen. Weitere Informationen finden Sie unter http://regio-portal.wiki/wiki/Manfred_von_Campenhausen .

1. …eine überproportionale Förderung der Gemeinschaftsschule?

Dagegen. Wenn man vor der letzten Wahl Gemeinschaftsschulverfechter darauf aufmerksam machte, dass ein Lehrer nicht dreißig Schüler in dieser Weise begleiten kann, hieß es immer: Ja natürlich, da braucht man dann endlich genug Lehrer. Gerade so, als hätte die bisherige Regierung die Zahl der Lehrer absichtlich niedrig gehalten, um gute Bildung zu verhindern! Als Grün-Rot gewählt war, wurde die Einführung der Gemeinschaftsschule begonnen, ohne dass man geklärt hätte, woher die vielen Lehrer kommen sollen. Man ahnte wohl schon, dass man nur vier Jahre haben würde, um die Mogelpackung unumkehrbar zu machen. Bisher lässt sich das kaschieren, indem man die Gemeinschaftsschule überproportional fördert. Das geht natürlich auf Kosten der anderen Schultypen. Wenn aber die Gemeinschaftsschule flächendeckend die Normalschule für Alle ist, und das ist weiterhin das Ziel von Grün-Rot, dann gibt es keine anderen Schularten mehr, die man dafür ausweiden könnte. Es stehen dann für jeden Gemeinschaftsschüler dieselben Ressourcen zur Verfügung wie bisher für Schüler an den konventionellen Schulen. Und das reicht, wie die Verfechter der Gemeinschaftsschule selbst zugeben, nicht. Es sei denn, man tut plötzlich ungeahnte Geldquellen auf. Wenn das so einfach ist, warum hat man das jetzt fünf Jahre lang nicht getan? Einen weiteren ungedeckten Wechsel auf die Zukunft sollte der Wähler nicht unterschreiben.

2. ...für den Erhalt von spezialisierten Sonderschulen in den Kindern zumutbarer Entfernung?

Dafür. Ich verstehe unter sinnvoller Inklusion, dass das öffentliche Schulwesen sich um alle Kinder in einer diesen förderlichen Weise kümmert, und glaube, dass die spezialisierten Sonderschulen diesem Auftrage bisher sehr gut gerecht wurden. Ich finde es wichtig, dass diese Förderung weiterhin allen Kindern offensteht, deren Eltern nicht daran glauben, dass die Vorzüge des schieren Dabeiseins den Verlust aufwögen, der durch Abschaffung der spezialisierten Sonderschulen entstünde.

3. ...Sprachprüfungen zwei Jahre vor der Einschulung mit gfl. verplichtendem Deutschunterricht?

Das halte ich für sinnvoll, sowohl zur Früherkennung von Sprachbehinderungen und Sprachentwicklungsstörungen, als auch wegen migrationsbedingt mangelnder Deutschkenntnisse. Ob es nun genau zwei Jahre sein müssen, wüsste ich jetzt nicht zu sagen.

4. ...eine Fachaufsicht für die Jugendämter?

Das gibt es schon. Ich vermute, Sie fragen nach einer unabhängigen Fachaufsicht. Da ich anders als Sie noch nicht speziell mit der Problematik befasst war, wird es Ihnen kaum neue Erkenntnisse veschaffen, wenn ich Sie auf die Möglichkeiten gerichtlicher Überprüfung bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, von Medienarbeit und von Petitionen hinweise. Aus anderen Bereichen kennt man die Möglichkeit, dem Verdacht von Vertuschung zu begegnen, indem man Fachleuten aus den entsprechenden Behörden anderer Länder Einblick gewährt.
Generell sehe ich hier das Problem, dass ein Versagen eines Jugendamtes in beide Richtungen gravierend sein kann, sei es z.B., dass man Kinder zu schnell von den Eltern trennt, wie das früher einmal allzu bedenkenlos geschah, sei es, dass man zu lange zuschaut, wie Kinder zugrunde gehen. In beiden Fällen gehen die Emotionen hoch, und deswegen muss man genau hinsehen, ohne sich in Aufgeregtheit zu ergehen. Und so würde ich das auch machen, wenn ich darüber entscheiden müsste.

5. ...die Offenlegung der Nebeneinkünfte der Landtagsabgeordneten?

Als Wähler erhebe ich den Anspruch, dass der Abgeordnete nicht sein Mandat als Nebenjob betrachtet. Ich wähle ihn, um ihm meine und meines Landes Angelegenheiten zur Verwaltung anzuvertrauen, nicht um sie seinen persönlichen Interessen auszuliefern. Deshalb habe ich Schwierigkeiten damit, wenn Abgeordnete Informationen über Nebeneinkünfte als Intimsphäre geschützt wissen wollen. Ich weiß es zu schätzen, wenn wirtschaftlich einflussreiche Personen ihr Wissen und Können in den Dienst der Gemeinschaft stellen, aber so ist meine Wahl gemeint, nicht umgekehrt. Wer das anders sieht, darf sich nicht wählen lassen. Es geht ja noch nicht einmal darum, dass jemand bestimmte Einkünfte nicht haben dürfte, sondern nur darum, dass ich davon wissen will.
Im Einzelnen mag es kompliziert sein, die Regeln zu definieren. Etwas anderes ist es, wenn sie an Halbherzigkeit kranken. Das entscheidende Kriterium ist, ob sie dem Zweck dienen. Die Formulierung der Schweizer Bundesverfassung eignet da sich zum Abschreiben: “[Die Abgeordneten] legen ihre Interessenbindung offen.” Die Regeln im Einzelnen mag man diskutieren, aber diesem Zweck haben sie zu dienen: Ich will wissen, wes Lied jemand singt. Und ich glaube, dass ich als Wähler einen Anspruch darauf habe. Wer dem nicht genügen will, der genügt meinem Anspruch nicht.

8. ...gerichtliche Sicherung der Aufnahmen mit Bodycams bei Polizeieinsätzen.

Die Versuche laufen erst und das baden-württembergische Gesetz ist noch nicht formuliert. Welchen Sinn hätte es für Sie, wenn ich mich jetzt „verbindlich“ festlegen wollte, worin die Fachleute noch nicht fertig sind? Ich werde wie diese die Ergebnisse der Versuche abwarten und in der Diskussion berücksichtigen, und wenn das Gesetz vorliegt, werden wir sehen, was drinsteht. Und dann entscheide ich nach bestem Wissen und Gewissen unter Anwendung meines gesunden Menschenverstandes.
Einstweilen kann ich Ihnen folgende generelle Einschätzung geben: Es gehört zum Beruf des Polizisten, für uns seinen Kopf hinzuhalten, und wir sind es ihm schuldig, seine persönliche Sicherheit soweit möglich zu schützen. Wenn man eine Möglichkeit dazu auslassen will, dann müssen die Einwände schon sehr gewichtig sein.
Für eine grundsätzliche Ablehnung scheinen mir die datenschutzrechtlichen Bedenken hier nicht gewichtig genug. Die Kamera sieht ja nichts, was der Polizist nicht auch schon sähe. Es wird hier kein neuer Bereich einsehbar, nur das bisher schon Offene belegbar. Und das kommt, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen, der Sicherheit der Beamten zugute, wogegen niemand etwas haben kann. Es wäre doch komisch: Jeder Bürger hat eine Kamera in der Hosentasche, aber die Polizei darf keine an der Brust tragen.