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Frage von Winfried G. •

Frage an Manfred Franzke von Winfried G. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Manfred Franzke,

Für schwerstbehinderte Menschen gibt es ein Gesetz in Deutschland, das ihnen eine Assistenzkraft gewährt, um ein eigenständiges Leben zuhause zu ermöglichen. Das nennt sich Individuelle Schwerstbehinderten Assistenz (ISA).

Je nach Schwere der Behinderung ist eine Assistenz 2 Stunden, 10 Stunden oder wenn nötig 24 Stunden am Tag bei dem Behinderten.

Dieses Gesetz wird seit einigen Jahren bereits praktiziert.

Momentan ist es aber so, daß man diese Leistung nur erhält, wenn man Sozialhilfe beantragt, was voraussetzt, daß man alles Geld das man besitzt, alles Ersparte und Erarbeitete ans Sozialamt abgeben müßte,.

Warum ist das so?
Was hat die ergänzende Assistenz eines kranken Menschen mit dem Sozialamt zu tun?

Ich, zum Beispiel, habe 24 Jahre gearbeitet und Steuern in das System eingezahlt.
Jetzt brauche ich Hilfe. Doch bevor mir der Staat hilft, nimmt er mir den Rest auch noch weg.

Ist da nicht noch eine Lücke im System? Oder ist das so gewollt?

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Glosser
03.09.2009

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Antwort von
Willi-Weise-Projekt

Sehr geehrter Herr Glossers,

Ihren Brief zu beantworten empfinde ich als sehr schwer, da ich zum einen nicht unbedingt ein Fachmann für Sozialpolitik bin, zum anderen aber auch nicht den Eindruck erwecken will, ich würde aus Gründen der Opportunität Ihre Ansicht bestärken. Ich bin sicher, es gibt eine Unmenge von - teilweise erheblich anders gelagerten - Fällen, die sich alle in einem gleichen. Es werden Menschen zur Armut ermuntert, um Hilfe vom Staat zu erlangen!

Ich habe das am eigenen Leib erfahren, als meine Mutter vor einem Jahr einen schweren Schlaganfall erlitt, der sie zum Schwerstpflegefall machte. In der Woche, die Sie noch lebte, musste ich mich um einen Pflegeplatz bemühen, der mich - in Nordrheinwestfalen - ca. 6500.- Euro/Monat gekostet hätte. Die Rente und die Pflegeversicherung hätte 2500.- Euro abgedeckt. Den Rest, so erklärte mir die Pflegedienstbetreuerin, hätte ich selbst aufbringen müssen.

Als Besitzer eines kleinen Hauses im Donaumoos und unter Hinzunahme meines gesamten Vermögens hätte ich die Kosten gerade einmal vier Jahre tragen können. Danach wäre ich vermögenslos gewesen. Die Dame erklärte mir, dass danach der Staat einspringen würde.

Diese Situation hat mich genauso aufgebracht, wie die Ihre Sie jetzt ärgert.

Meine Mutter ist dann nach einer Woche verstorben und ich mache mir heute noch Vorfwürfe, dass ich den Tod begüßte. Zum einen wegen ihrer menschenwürdigen Situation, zum anderen aber auch, dass sie mir damit das Abrutschen in die blanke Not erspart hat.

Ein Staat, der solche Situationen zulässt, ist menschenunwürdig.

*Fazit: Ich kann keine Versprechungen machen. Aber eines gebietet der gesunde Menschenverstand, für den ich mich immer einsetzen werde: Es darf keine Situation aufkommen, die Menschen in die Armut treibt, um Ansprüche auf staatliche Hilfe zu erlangen. Das mag für unverschuldete Fälle gelten, aber mit Sicherheit darf so etwas nicht vorsätzlich geschehen. Insofern muß diese Regelung dringend überarbeitet werden und der Aspekt der Alterssicherung, der in den bescheidenen Vermögen älterer Menschen oder Angehöriger steckt, berücksichtigt werden.*

Ich habe damals in meiner Not die Festanstellung einer polnischen Pflegekraft (ca. 2000.- Euro/Monat) erwogen. Das wäre mit dem zur Verfügung stehendem Geld gegangen und hätte die Ganztagspflege meiner Mutter sichergestellt, anders als die Minutensätze in den Pflegeheimen für 6500.- Euro.

mit freundlichem Gruß

Manfred Franzke