Frage an Manfred Dietrich von André R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dietrich,
in unserem Land haben wir inzwischen einen enormen Mangel an Arbeitskräften, gelernt und auch ungelernt.
Gastrobetriebe schliessen weil sie kein Personal haben, die Pflege hat Mangel an Personal, das Handwerk sucht händeringend usw.
Gleichzeitig haben wir immernoch fast 4 Mio an Arbeitslosen (inklusive derer in Maßnahmen) Wie wollen sie diese Diskrepanz angehen? Ist unsere Solidargemeinschaft nicht in der Schieflage? Wann wird wieder eine Politik für die Geberseite der Solidargemeinschaft und nicht nur für die Nehmerseite gemacht? Sollte es nicht heißen: Frage nicht was die Gemeinschaft für dich tun kann, sondern was kannst du für die Gemeinschaft tun.?
Jedem kann das Schicksal treffen und diesem sollte geholfen werden(zeitlich begrenzt), aber sollte es nicht dann auch Hilfe zur Selbsthilfe sein?
Mit freundlichen Grüßen
A. R.
(Arbeitnehmer )
Sehr geehrter Herr R.,
die von Ihnen angesprochene Diskrepanz zwischen Arbeitslosen und Arbeitsplätzen ist ein vielschichtiges Problem.
1. Es gibt eine Diskrepanz zwischen Anforderungen an den Arbeitnehmer und die Ausbildung der Arbeitslosen.
Dies muss durch Ausbildung gemeistert werden. Leider ist es so, dass dann Arbeitslose praktisch eine zweite Ausbildung machen müssen. Durch eine vierwöchige Schulung ist nichts zu machen. Dies bedeutet, neue Fördermaßnahmen müssen greifen. Diese Ausbildung muss sich an dem Bedarf ausrichten, sonst wird die Ausbildung umsonst sein.
2. Es fehlen oft dort die Arbeitskräfte, wo unattraktive Arbeitsbedingungen herrschen.
Pflege, Gaststätten haben für Familien und für die Freizeit ungünstige Arbeitszeiten (abends, Wochenende) und sind noch dazu schlecht bezahlt. Ich bin der Meinung, da sollte jeder darüber nachdenken. Sind Sie bereit für ein Essen im Restaurant 25 Euro zu bezahlen, damit der Kellner, die Kellnerin gut verdienen kann? Wie viel Trinkgeld geben Sie?
3. Es gibt aber auch Langzeitarbeitslose, die gar nicht mehr in Arbeit wollen (leider gibt es diese auch). Hartz4 ist zwar nicht zum reich werden, aber es bietet mehr Unabhängigkeit als eine regelmäßige Arbeit. Hier stellt sich die Frage, wie können wir auch diese wieder einfangen? Es ist keine einfache Aufgabe. Als erstes sollte ein finanzieller Anreiz geschaffen werden. Dies bedeutet, dass der Lohn nicht vollständig auf Hartz4 angerechnet wird. Den leuten in Arbeit muss es besser gehen als nur Hartz4.
4. Die Solidarität
Ich kenne Ihre Finanzverhältnisse nicht. Aber auch hier wieder: Der Slogan "Geiz ist geil" führt eben dazu, dass viele Leute nur noch danach schauen: billig muss es sein und damit vergessen, dass Sie ihre eigene Arbeitskraft über diesen Preis bezahlt wird. Die Mittelschicht trägt heute schon die Hauptlast der Solidargemeinschaft. Mit allen Steuern und Sozialabgaben sind es bei mir bereits über 60% des Einkommens dahin. Sollte dieser Satz noch einmal erhöht werden, müsste ich die Unterstützung für Vereine und Sozialprojekte streichen. Die Last der Solidargemeinschaft muss auf Reiche und Beamte ausgeweitet werden. Auch diese Bevölkerungsschichten müssen einen Beitrag zu den Sozialkassen leisten.
Mit besten Grüßen
Dr. Manfred Dietrich